Vorstandsvorsitzender Dieter Bauhaus: Kunden in den Mittelpunkt stellen und das persönliche Gespräch suchen

01.04.2014 11:32

"Eine immer komplexer werdende Wirtschafts- und Finanzwelt erfordert mehr Sensibilität für die Sprache", so Dieter Bauhaus, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Mittelthüringen zum Jahresthema 2014 "Wie viele Worte braucht der Mensch?" Mit seinen Gedanken beteiligt er sich an der monatlichen Reihe "Standpunkte", in der prominente Personen des öffentlichen Lebens der Landeshauptstadt Erfurt ihre persönliche Sicht und Auffassung zur Sprache und ihre Beziehung zum Wort darlegen.

Zur Verantwortung des Einzelnen und der Gemeinschaft

Ein Herr mit Brille und Schnurrbart, in dunkelblauem Anzug und roter Krawatte, im Viertelprofil.
Foto: "Eine immer komplexer werdende Wirtschafts- und Finanzwelt erfordert mehr Sensibilität für die Sprache", so Dieter Bauhaus, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Mittelthüringen Foto: © Privat

Die Sparkasse nimmt Einlagen von 6 Groschen bis zu 50 Thlr., und verzinset alle bei ihr eingezahlten Summen, welche einen Thaler und darüber betragen, mit Ausschluss der überschießenden Groschen, welche nicht verzinset werden, jährlich mit 4 1/6 pr. Cent, folglich mit einem Groschen jährlich von jedem vollen Thaler. Die unerhoben bleibenden Zinsen werden dem Interessenten zum Kapital geschrieben, und wenn selbige die Summe von 1 Thaler erreicht haben, wieder als Kapital verzinset.

Mit vergleichsweise wenigen Worten informierte der Magistrat der Stadt Erfurt in der Bekanntmachung vom 9. April 1823 über die Gründung der Stadtsparkasse und ihre Funktionsweise. Aufgabe der Sparkasse sollte es sein, „Jedem, welcher sich in der Lage befindet, kleine Ersparnisse zu machen, die Gelegenheit zu geben, dieselben sicher und zinsbar unterzubringen, um für den Fall des Bedarfs oder der Noth ein Kapital zu sammeln“. Damit hatten erstmals auch ärmere Bevölkerungsgruppen die Möglichkeit, Geld für die Wechselfälle des Lebens anzusparen. Das Geld wurde von einem Rendanten entgegengenommen, der die Sparkasse verwaltete und für eventuelle Fragen zur Verfügung stand. Das angesparte Guthaben war im Sparkassenbuch dokumentiert. So scheinbar einfach war die Welt im Jahr 1823.

Geldanlageformen, die Worte bedürfen, um verstanden zu werden

Seit der Gründung der Sparkasse in Erfurt vor nunmehr 191 Jahren ist viel geschehen, in der Sparkasse und im Wirtschaftsleben. Zu dem mit wenigen Worten zu erklärenden Sparkassenbuch sind viele neue Geldanlageformen und Produkte hinzugekommen, die deutlich mehr Worte bedürfen, um verstanden zu werden.

Zudem sind die Produkte eines Kreditinstituts gegenstandslos. Man kann sich nicht durch Anfassen oder Benutzen von ihrer Funktionsfähigkeit überzeugen. Dem erklärenden - gesprochenen oder geschriebenen - Wort kommt damit eine wichtige Bedeutung zu.

Ideal und Wirklichkeit

Idealerweise benutzen Banken die Sprache ihrer Kunden, vermeiden vernebelnde Fachbegriffe und konzentrieren sich auf die für den Kunden wesentlichen Botschaften. Die Wirklichkeit sieht aber teilweise noch anders aus. Es gibt immer noch Kundenberater, die nicht nach den eigentlichen Bedürfnissen ihrer Kunden fragen, nicht in der Lage sind, Fachbegriffe durch allgemein verständliche Worte zu ersetzen. Andererseits wird es dem Bankberater dabei auch nicht immer ganz einfach gemacht.

Der Gesetzgeber verlangt in einem zunehmenden Maße, dass Beratungsgespräche umfassend protokolliert und formalisiert werden. Im Sinne des mutmaßlichen Verbraucherschutzes müssen dem Bankkunden für bestimmte Anlageformen umfangreiche Informationsschriften und Dokumentationen überreicht werden, die zwar vom Gesetzgeber gut gemeint sind, die den Normalbürger aber allein vom Umfang her deutlich überfordern. Keiner (Gesetzgeber, Verbraucherschützer, Finanzwirtschaft, Interessenverbände usw.) hat es bisher geschafft, eine Entbürokratisierung auch nur anzugehen. Perspektivisch wird es die Sprache pervertieren, unverständlich und unübersichtlich werden lassen. Leider.

Worte-Thema ist für den Banken- und Finanzbereich hoch aktuell

Die Frage „Wie viele Worte braucht der Mensch“ ist somit für die Wirtschaft und dabei besonders für den Banken- und Finanzbereich hoch aktuell.

Um diese Frage beantworten zu können, muss man immer vom Kunden ausgehen. Die Wirtschaft und auch die Kreditwirtschaft sind nicht zum Selbstzweck da, sondern dienen dem Kunden, sollen das Leben erleichtern, Probleme lösen oder den Fortschritt unterstützen und vieles mehr.

Der Kunde im Mittelpunkt

Unternehmen tun gut daran, den Kunden in den Mittelpunkt zu stellen – nicht nur plakativ, sondern durch konkretes und dauerhaftes Handeln. Eine kundenorientierte Kommunikations- und Gesprächskultur wird auch im 21. Jahrhundert erfolgreiche Unternehmen auszeichnen. Durch die neuen Medien hat - neben dem gesprochenen Wort - das geschriebene Wort an Bedeutung gewonnen und stellt neue Herausforderungen an Inhalt und Gestaltung der Kommunikation.

Ich würde mir persönlich wünschen, dass wir - sowohl privat als auch geschäftlich - künftig nicht ausschließlich über die elektronischen Medien kommunizieren, sondern auch das persönliche Gespräch wichtiger Bestandteil unserer Kommunikation bleibt. Aber dies lässt sich nicht gesetzlich verordnen. Letztendlich entscheidet das jeder für sich persönlich und damit wir alle zusammen.

Dieter Bauhaus

Dieter Bauhaus
Vorstandsvorsitzender
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Sechs Kinder mit ihren Sparbriefen an einem Schalter. Über dem Schalter eine Bildillustration und ein Schriftzug "Gründungsjahr 1923"
Foto: Im Jahre 1928 wurden bei der Stadtsparkasse Erfurt in besonderer Weise sogar Kinder angesprochen. Es gab einen Kinderschalter im Rathaus, nach Entwürfen der Handwerker- und Kunstgewerbeschule mit Holzschnitzereien. Foto: © Stadtarchiv Erfurt