Mein beruflicher Werdegang als Gärtner – Leidenschaft auf Umwegen

29.09.2017 04:54

Dass es für eine berufliche Neuorientierung nie zu spät ist, zeigt sich am Beispiel von Rainer Oppawsky. Er ist momentan der Lehrmeister für den Gärtnerberuf im Garten- und Friedhofsamt.
Hier erzählt er von seinem Werdegang:

Vom Klempner zum Lehrmeister für Gärtner

Nach dem Abschluss der 10. Klasse begann ich 1987 eine zweijährige Ausbildung zum Klempner mit der Spezialisierung Gas- und Wasserinstallateur. Nach bestandener Facharbeiterprüfung erfolgte die Armeezeit; zuerst noch bei der NVA (Nationale Volksarmee der DDR), später bei der Bundeswehr. Mit der politischen Wende und den damit einhergehenden wirtschaftlichen Veränderungen – mein ehemaliger Ausbildungsbetrieb verkleinerte die Mitarbeiterzahl – begann auch für mich die Zeit der beruflichen Neuorientierung.

1991 bis 1992 arbeitete ich vorübergehend beim Garten- und Friedhofsamt. Hauptsächlich mit Rasenmäharbeiten betraut und in den Wintermonaten das Team der Baumpflege unterstützend, bekam ich einen Einblick in die vielfältigen Tätigkeiten und Aufgaben der Gärtner. Bei einem Arbeitseinsatz im Südpark zeigte mir ein Kollege den Ausbildungsstützpunkt. An einer Tafel waren die zu erlernenden Tätigkeiten der Gärtner – Fachrichtung Garten– und Landschaftsbau – aufgelistet. Ich staunte, wie vielfältig der Beruf ist: Mauern bauen, Platten legen, Beton– und Natursteinpflaster verlegen, Treppenbau, Zäune errichten, Wege- sowie Teichbau. Tätigkeiten, die ich bis dahin nicht mit einem Gärtner verband. „Wäre das nicht eine neue Chance und eine Perspektive, verbunden mit einem sicheren Arbeitsplatz?“, überlegte ich. So bewarb ich mich für eine Lehrstelle zum Gärtner und begann am 1. September 1993 erneut eine Ausbildung.

Mit großen Eifer und Engagement stürzte ich mich in die neue Aufgabe. Besonders positiv empfand ich den Praxisbezug im Vergleich zu meiner ersten Ausbildung, wo ein Großteil der praktischen Ausbildung in einer Lehrwerkstatt stattfand.

Nach erfolgreich bestandener Abschlussprüfung Ende Juli 1995 und mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag in der Tasche wurde ich im Pflegerevier Nord eingesetzt. Es zeigte sich die hervorragende Qualität der Ausbildung. Nach kurzer Einarbeitungszeit konnte ich viele Arbeiten eigenverantwortlich planen und ausführen.

Ende 1997 war eine Stelle als Lehrfacharbeiter im Garten- und Friedhofsamt ausgeschrieben. Ich bewarb mich und wurde angenommen. Geliebäugelt hatte ich damit schon nach Beendigung meiner Lehrzeit. Eine bessere Möglichkeit, meine Fähigkeiten, Fertigkeiten und Fachkenntnisse weiterzuentwickeln und zu vervollständigen, gab es für mich nicht.

Zuerst wurde ich im bautechnischen Bereich eingesetzt. Anfangs mit Teilaufgaben betraut, konnte ich nach einiger Zeit einige Baustellen selbstständig ausführen. Das heißt, von der Vermessung über die Koordinierung von Maschinen und Materiallieferungen bis zur fertigen Abnahme der Baustelle. Besondere Highlights waren die Anlage „Wegekreuz in Hochheim“, die Rekonstruktion der Friedhofsmauer in Linderbach oder auch die Sanierung des Indianerspielplatzes im Steiger.

2001 bis 2003 absolvierte ich an der Fachschule in der LVG (Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau) eine Fortbildung zum Meister – Garten- und Landschaftsbau.

Mit Begeisterung und viel Engagement den Auszubildenden das nötige Wissen und die Fertigkeiten zu vermitteln: Dass mir diese Aufgabe liegt, hatte ich in den vergangenen Jahren gemerkt. Mit Beginn des Jahres 2005 übertrug man mir eine Stelle als Lehrmeister.

Hatte ich als Lehrfacharbeiter die Bautechnische Seite des Berufes den Auszubildenden vermittelt, begann nun eine neue Herausforderung: Die vegetationstechnische Seite oder, wie wir sagen, „Die Arbeit mit der Pflanze“. Inzwischen bewirtschafte ich zwei Lehrfacharbeiter sowie überwiegend die Auszubildenden des ersten Lehrjahres auf ungefähr 7 Hektar Grünfläche.

Hauptaufgabe ist die Pflege der denkmalgeschützten Parkanlage „Botanisch-Dendrologischer Garten“, gelegen zwischen Ega und Luisenpark. Weitere Dauerpflegeflächen sind der Luisenpark, das Gästehaus der Stadt Erfurt, Staudenflächen und das polnische Ehrenmal im Südpark, die Staudeninseln am Binderslebener Knie, Ausbildungsstützpunkt Südpark – der als Lehr- und Schaugarten gestaltet ist – das Erfurter Rad am Petersberg, Beetflächen am Hauptfriedhof, der Wigbertihof sowie die Hainbuchenhecke an der Straßenbahnhaltestelle Krämpfertor.

Neben der Erhaltungspflege haben wir in den vergangenen Jahren viele Flächen umgestaltet. So wurden z. B. im letzten Jahr im Dendrologischen Garten eine Pflanzszene mit etwa 750 qm und die Beete am Binderslebener Knie mit fast 250 qm erneuert.

Über viele Umwege fand ich nun doch den optimalen Beruf für mich, da dieser Abwechslung, die Arbeit mit Menschen und viel Bewegung im Freien umfasst.