4. Etappe Tour de Bildung: Jazz Workshop der Music Art School
Textreportage
Wie schön, dass sich das Angenehme manchmal mit dem Nützlichen verbinden lässt. Jazz mochte ich schon immer gern. Sonntagnachmittag, Boris und ich fahren wieder in die Magdeburger Allee. Diesmal ins Ilvers, einem Lokal, in dem ein Jazz-Workshop stattfinden soll. Wie im Internet zu lesen war, sind dafür eigens ein Gitarrist, ein Saxophonist und ein Hammondorganist angereist. Organisiert wird der Workshop von der Music Art School, deren Übungsräume sich nur ein paar Meter über den Hof befinden. Als wir ankommen, ist der Gastraum bereits gut gefüllt. Ungefähr vierzig Teilnehmerinnen und Teilnehmer verschiedenen Alters sitzen bei Kaffee und wippen mit den Beinen zum Takt eines funkigen Jazz-Stückes , das die Band auf der kleinen Bühne spielt. Applaus. Schlagzeuger Marcus Horn, der die private Musikschule für Rock, Pop und Jazz seit 2002 betreibt, legt die Drumsticks beiseite und begrüßt die Anwesenden.
Nach einer kurzen Vorstellungsrunde teilt er die Gruppen ein: Gitarre, Saxophon, Zusammenspiel als Band. "Dass der Workshop zustande kam, liegt daran, dass ich meine Bandkollegen, mit denen ich sowieso zurzeit in Thüringen unterwegs bin, überzeugen konnte, nicht nur das Konzert heute Abend zu spielen, sondern auch als Dozenten für den musikalischen Nachwuchs da zu sein", sagt Marcus Horn als wir uns später zum Interview treffen. Aus ganz Thüringen seien die Nachwuchsmusiker angereist, auch aus Sachsen-Anhalt und Hessen. "Wir haben Bläser, Gitarristen, Bassisten, Schlagzeuger - alles Leute, die auf ihrem Weg noch ganz spezielle Fragen haben und diese hier im Workshop klären wollen." In der Pause treffe ich Friedrich Gabel, der eigentlich Philosophiestudent in Jena ist. "Ich spiele seit zwölf Jahren E-Gitarre, viel Jazz und Blues. Seit vier Wochen spiele ich in einer Band. Gerade dafür braucht man am Anfang den ein oder anderen Tipp von den Profis." Auf die Frage, was er bis jetzt aus dem Gitarrenworkshop mitgenommen habe, antwortet er: "Ich habe gelernt, dass man genau darauf achten muss, welche Töne die anderen Instrumente in der Band spielen. Damit vermeidet man, auf der Gitarre genau das gleiche zu spielen, sondern kann eher darauf aufbauen."
Die Pause ist vorbei. Ich schlage Boris vor, mal bei den Saxophonisten reinzuschauen. Dozent Heiner Schmitz, der schon mit Joe Cocker und Phil Collins zusammengearbeitet hat, ist gerade dabei, eine spezielle Übungsmethode zu vermitteln. Dazu hat er den Schalltrichter seines Instruments mit einem Handtuch verstopft und versucht unter großer Kraftanstrengung einen kläglichen Ton hervorzubringen. Allgemeines Gelächter. "Joggen mit Gewichten nenne ich das", erläutert er, "Gerade bei den tiefen Tönen, die am Anfang sehr schwer zu spielen sind, braucht man eine gute Bauchmuskulatur. Das ist die Voraussetzung für einen geilen, vollen Sound."
Nachdem er das Handtuch wieder entfernt hat, setzt er zu einem kraftvollen Solo an. "Das Wichtigste beim Jazz ist nicht nur das Üben und das Spielen, sondern auch das Hören, dass man fremde Einflüsse in das eigene Spiel aufnimmt und weiterverarbeitet. Ich habe das Gefühl, dass das den Teilnehmern ganz gut gelingt." Heiner Schmitz lobt die Aufgeschlossenheit und Motivation seiner Workshopgruppe. Auch Marcus Horn ist zufrieden - mit dem Workshop, dem abschließenden Konzert aller Beteiligten im Ilvers - und mit Erfurt. "Aufgewachsen bin ich in Jena, aber ich war Erfurt immer verbunden, weil ich während meiner Ausbildung hier gewohnt hab. Nachdem mich meine musikalischen Wege weggeführt hatten, bin ich sehr gerne zurückgekehrt. Dass das Prinzip der Popmusikschulen, das ich aus anderen Städten kannte, hier in Erfurt funktioniert, freut mich natürlich. Ich bin auch froh, dass ich damit etwas für die Kultur und den musikalischen Nachwuchs hier tun kann. Gerade bei den Jazzkonzerten jeden Sonntag im Presseklub sind immer mehr junge Leute im Publikum, die sich für diese Musik begeistern."