27. Etappe der Tour de Bildung: Die Schotte

10.03.2014 12:59

Über 230 Kinder und Jugendliche ab zehn Jahren kommen regelmäßig in die Schotte zum Theaterspielen. Die Tour-Etappe gibt interessante Einblicke in die Inszenierung des Stücks "Antigone".

Video: 27. Etappe Tour de Bildung: Jugendtheater Schotte © 

Textreportage

"Und noch mal den Abgang bitte!" Sonntagnachmittag, gegen 16 Uhr. Wir sind zu den Proben eines griechischen Klassikers eingeladen: Antigone. Die beiden Regisseurinnen Juliane Kolata und Uta Wanitschke gestikulieren im ansonsten leeren Publikumsbereich. An einem Tisch klemmt eine Leselampe, daneben Zettel mit Notizen, Kaffeetassen. Auf der Bühne liegen sich Antigone und Ismene weinend in den Armen. Noch gut drei Wochen sind es bis zur Premiere. "Ich war sehr zufrieden mit euch allen heute. Ihr wart sehr bei der Sache und sehr lebendig", sagt Uta Wanitschke, als das Ensemble nach der Probe noch einmal zusammenkommt. Wir müssen uns beeilen, um die beiden Hauptdarstellerinnen noch zu erwischen.

Antigone und Ismene, im richtigen Leben Gesine Langlotz und Paulina Gebhardt warten in der Maske. Die beiden sehen geschafft aus. "Die größte Herausforderung bei der Antigone ist für mich die Konzentration. Man muss immer am Ball bleiben, um dann auf den Punkt genau das zu bringen, was die Rolle verlangt", sagt Gesine. "Zum ersten Mal bin ich in die Schotte gekommen, als ich dreizehn war, einfach weil ich Lust auf Theaterspielen hatte", erzählt sie weiter. Auch Paulina ist schon seit fünf Jahren dabei. "Gemeinsam mit einer Freundin hab ich als Kind schon Videobänder aufgenommen, weil wir einfach so schauspielbegeistert waren", ergänzt sie.

Die 17-Jährige geht noch zur Schule, nimmt nebenbei Gesangsunterricht. "Die Zeit für die Schotte muss man sich manchmal einfach nehmen. Das ist nicht immer einfach, und nicht alle Lehrer haben Verständnis dafür. Besonders die Endprobenphasen sind sehr intensiv." Aber offensichtlich nicht nur die Liebe zur Schauspielerei ließ die beiden so lange dabeibleiben. "Theater ist eine unheimlich verbindende Sache. Hier sind schon tolle Freundschaften entstanden", sagt Gesine. "Es ist außerdem ein guter Ausgleich zur Schule, weil man beim Theaterspielen auch seinen Charakter entwickeln kann", meint Paulina.

Auch Uta Wanitschke, die zugleich künstlerische Leiterin der Schotte ist, sieht man die Anstrengungen der Probe an. "Wir haben heute Morgen um zehn angefangen. Dafür, dass es unsere erste Durchlaufprobe war, lief es schon erstaunlich gut. Das ist nicht bei allen Stücken so." Über 230 Kinder und Jugendliche ab zehn Jahren kommen regelmäßig, um in der Schotte zu spielen. Im letzten Jahr besuchten über 18.000 Zuschauer die 135 Vorstellungen, davon fünf große Inszenierungen. Dazu kommen Theaterfestivals, Kurse, Projekte an Schulen und natürlich die Etüden – kurze Übungsszenen als Einstiegsangebot für Interessierte.

Nachwuchssorgen habe die Schotte jedenfalls keine, betont Uta Wanitschke: "Zurzeit sind wir völlig ausgelastet. Die Nachmittagsgruppen sind jeden Tag voll und die Wartelisten lang. Die Kinder und Jugendlichen, die bei uns sind, beginnen normalerweise mit den Etüden, machen mit den Kinder- und Jugendstücken weiter und spielen schließlich im ganz normalen Abendprogramm."

Gegründet wurde die Schotte, die aus dem seit 1961 bestehenden Kinder- und Jugendtheater hervorging, im Jahr 1993. Auf die Frage nach der Geschichte hinter dem ungewöhnlichen Namen muss Uta Wanitschke schmunzeln. "Man wollte einerseits einen Bezug zur unserer Adresse in der Schottenstraße herstellen. Und da damals nur Frauen hier arbeiteten, war die Namensidee schnell klar: die Schotte." Vom guten Ruf, den sich die Schotte inzwischen erarbeitet hat, zeugen nicht nur zahlreiche Preise und Ehrungen. Auch der Grundstein für die eine oder andere Schauspielkarriere wurde hier gelegt. "Es gibt einige, die bei uns angefangen und die Schauspielerei später zum Beruf gemacht haben, z. B. Alexander Beyer, der unter anderem aus "Sonnenallee" bekannt ist. Oder auch Paul Schröder, der am Deutschen Theater und am Gorki-Theater in Berlin war", sagt Uta Wanitschke.

Andreas Kubitza
28.02.2014