30. Etappe der Tour de Bildung: Lagune

28.07.2014 10:03

Seit über sieben Jahren bietet die "Lagune" in der Erfurter Oststadt die Möglichkeit, Natur im städtischen Raum zu erleben. Neben dem Gärtnern spielt dabei auch die umwelt- und naturpädagogische Arbeit eine wichtige Rolle – wie beim "Bee Day", einem Aktionstag rund um die Honigbiene.

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Textreportage

Diese Etappe verlangt uns einiges an Überwindung ab, aber wir haben zugesagt. Nur wenige Tage später befinden wir uns in einer Kleingartenanlage im Erfurter Nordosten, unweit der Bahntrasse. Um uns herum: Bienen. Hunderttausende. Stadtimkerin Steffi Schneider flucht, sie wurde gerade gestochen. Mit dennoch bemerkenswerter Gelassenheit hantiert sie gemeinsam mit ihrer Kollegin Nadja Körner an den Bienenkästen. Blauer Rauch quillt aus dem Smoker, der eigentlich die Stechlust der Bienen bremsen soll.

In einer kleinen Dose isolieren sie eine einzelne Biene. Sie bekommt einen Punkt roter Leuchtfarbe auf den Rücken. "So kennzeichnen wir die Jungkönigin, um sie später besser vom restlichen Volk unterscheiden zu können. Jeder Jahrgang hat eine andere Farbe, daran kann man später das Alter ablesen", erläutert Nadja Körner. 30 - 60.000 Arbeiterinnen leben in einem Bienenvolk. "Wir müssen vor allem darauf achten, dass es nicht zu viele werden, sonst schwärmen sie aus und bauen sich ein irgendwo ein neues Nest." Die Imkerei betreiben die beiden als ein Hobby, leben können und wollen sie davon nicht. Belohnt werden sie mit ihrem eigenen Stadthonig, der frei von Pestiziden ist und besonders aromatisch schmeckt.

Schon einen Tag später treffen wir Nadja Körner wieder. Gemeinsam mit anderen Erfurter Stadtimkern bestreiten sie den "Bee Day" – einen Aktionstag rund um die Honigbiene. Der Ort des Geschehens könnte passender nicht sein: die Lagune – ein urbaner Garten mit Raum für Soziokultur und Naturbildung. Zwischen Honigschleudern, Bienenquiz und Livemusik schlendern junge Familien. Kinder tollen wild umher. Die Bienen hätte sie aus Sicherheitsgründen zu Hause gelassen, erklärt uns Nadja Körner, die an einer Tafel über die Standorte der Erfurter Imker informiert.

Bei Nussecken und einer Tasse Fairtrade-Kaffee treffen wir Frank Mittelstädt, der die Lagune im Jahr 2006 mit ins Leben rief. "Lagune" steht für "Lokale Arbeitsgruppe urbanes Naturerleben". Auf dem Gelände einer ehemaligen Kfz-Werkstatt in der Werner-Uhlworm-Straße haben Landschaftsarchitekten, Gartenbauer, Biologen, Sozialpädagogen und viele interessierte Laien einen urbanen Biotop geschaffen. "Neben einem Stamm von etwa zehn 'Lagunauten', wie wir uns nennen, engagieren sich auch immer wieder neue Leute hier auf verschiedenste Weise", erzählt Frank Mittelstädt.

Wir machen einen kleinen Rundgang. Es geht vorbei an Hochbeeten mit diversen Kräutern, Obst und Gemüse (Lavendel, Minze, Petersilie, Weihrauch, Rhabarber, Tomaten, Erdbeeren, Stachelbeeren, Himbeeren, Kartoffeln, Spinat – um nur einiges zu nennen), an Obstbäumen, an Holzskulpturen, einer Toilette ohne Wasser, einer Feuerstelle und schließlich an einer Freiluft-Bar und einer kleinen Bühne. "Unser Ansatz geht über die bloße gärtnerische Arbeit weit hinaus. Es kommen Kindergartengruppen, Schulklassen, Lehramtsstudenten, die sich hier am lebendigen Beispiel mit gärtnerischen und umweltpädagogischen Inhalten auseinandersetzen. Daneben gibt es gartentherapeutische Angebote, demnächst werden wir auch mit einem Altenheim zusammenarbeiten. Dazu kommen die kulturellen Veranstaltungen wie Konzerte, Kreativworkshops und Aktionstage, wie den heutigen "Bee-Day".

Einen im herkömmlichen Sinne "gepflegten" Eindruck macht die Lagune nicht. Vielmehr herrscht Wildwuchs. Und das ist durchaus Absicht: "Wir lassen es zu, dass etwas Eigenes entsteht. Gerade in der Stadt ist diese Vielfalt, die sich untereinander entwickelt, etwas ganz Besonderes", sagt Frank Mittelstädt.

Andreas Kubitza
07.07.2014