Erfurter Woche zur seelischen Gesundheit 2018

16.10.2018 11:14

Achtsam sein, das ist wichtig, die eigene Seele und den Körper wahrnehmen! Die „Erfurter Woche zur seelischen Gesundheit 2018“ lädt vom 15. bis 20. Oktober ein, Beruf und Privatleben genauer unter die Lupe zu nehmen. Das Video lässt einen Pfarrer, einen Rehabilitationsträger psychisch Kranker (RPK) und die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Erfurt zu Wort kommen. Die Protagonisten sind von Berufs wegen täglich direkt oder indirekt mit der Förderung von Leib und Seele beschäftigt und bieten selber Programmpunkte in der Aktionswoche an.

Video: Woche zur seelischen Gesundheit 2018 © Stadtverwaltung Erfurt

Pfarrer Martin Möslein:

Welche Rolle kann der Glaube in Bezug auf die seelische Gesundheit einnehmen?

Wie der Körper muss sich auch die Seele natürlich ernähren. Ich sag immer: „Der Glaube ist die Nahrung für die Seele“, so wie der Körper eben gutes Essen braucht oder eine Beziehung des Miteinanders so braucht die Seele diesen Kontakt oder diesen Wind von der Seele.

Gibt es aus Ihrem Blickwinkel einen Unterschied zwischen seelischer und psychischer Gesundheit?

Da gibt es natürlich einen Zusammenhang. Die psychische Gesundheit ist etwas, das beziehen wir oftmals nur auf das Individuum, aber die seelische Gesundheit geht noch darüber hinaus. Wenn man mal so überlegt, dass der Mensch eine Einheit von Leib, Geist und Seele ist, dann ist die seelische Gesundheit das in Beziehung genommen sein zu dem, was unser eigenes Dasein übersteigt. Das bedeutet, dass der Mensch der seelischen Gesundheit im Gleichgewicht ist mit Leib, Geist und Seele, das heißt mit sich selbst, mit seinem Nächsten und auch mit unserer schönen Welt, mit allem, was da drinnen ist.

Was ist Ihre Motivation, sich an der Aktionswoche zu beteiligen?

Ich glaube, es ist heute normal, dass Menschen, wenn sie krank sind oder sich schlecht fühlen, zum Arzt gehen vielleicht auch zum Psychiater, das ist heute fast modern.
Früher ist man zum Pfarrer gegangen. Ich bin ja Pfarrer und Seelsorger und wenn man so will, die Seelsorge ist eigentlich die Muttersprache der Kirche.
Ich beteilige mich deswegen sehr gern daran, weil ich glaube, dass oft ein gutes Gespräch, ein Miteinander, die Beziehung etwas ist, was einfach eine ganz notwendige Medizin ist.

Sonja Hollas, ärztliche Leitung des RPK Erfurt:

Welche Rolle spielt nach Ihren Erfahrungen die seelische Gesundheit im Arbeitsleben?

Meinerseits ist es so, dass Arbeit krank machen kann, wenn einfach zu viel Zeit und zu viel Stress, Mobbing und so weiter vorhanden sind. Andererseits ist es so, dass auch Studien gezeigt haben, dass Arbeitslosigkeit zu psychischer Erkrankung führen kann und Arbeit auch einfach wichtig ist für Selbstbewusstsein, was Sinnvolles zu machen, unter Leute kommen, Tagesstrukturierung und so weiter. Sind alles auch Sachen, die wichtig sind, um gesund zu bleiben oder wieder gesund zu werden.

Dominik Eckhardt, Leiter RPK Erfurt:

Was ist Ihre Motivation, sich an der Aktionswoche zu beteiligen?

Arbeit ist für RPK ein ganz wichtiges und zentrales Thema und deshalb finden wir es auch ganz gut, dass sie dieses Jahr unter dem Motto Arbeit steht. Wir bieten hier medizinisch-berufliche Reha-Maßnahmen an für Menschen mit psychischen Erkrankungen und haben gedacht, dass der Tag der offenen Tür eine gute Möglichkeit ist, die Angebote hier kennenzulernen.

Sonja Hollas:

Weshalb sollten Bürger Ihre Veranstaltung besuchen?

Hier kann man einfach kennenlernen, was wir hier machen. Es gibt, denke ich, sehr viel mehr Bedarf an unserer Rehabilitation als es einfach bekannt ist. Es gibt sehr viele Menschen, die würden gerne wieder arbeiten, sind aber psychisch krank und wissen gar nicht, wie sie das anstellen sollen, trauen sich vielleicht nicht. Und wir bieten ja gerade solchen Menschen an, wieder auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen und dann eben auch eine Arbeit zu finden, die leidensgerecht ist, eben keine Arbeit, bei der sie wieder krank werden. Für solche, die selbst überlegen, so eine Reha zu machen, ist es interessant, den Tag der offenen Tür zu besuchen. Alle, die mit solchen Mensch zu tun haben, also Fachpersonal, Zuweiser, Familienangehörige kommen auch öfters hierher.

Dominik Eckhardt:

Genau, man kann sich einen Überblick darüber machen, was die RPK ganz genau macht, was sie für Angebote vorhält, sich paar Sachen anschauen, ausprobieren, erstberaten lassen,  welche Möglichkeiten bestehen im Bereich beruflicher Reha.

Birgit Adamek, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Erfurt:

Was ist Ihre Motivation, sich an der Aktionswoche zu beteiligen?

Das war das Thema, das war der Auslöser, denn unser Wohlbefinden häng von so vielen Faktoren ab, so vieles dringt auf uns ein, und das Thema „Die Arbeit ist nicht alles“ war genau mein Grund, mich in dieser Aktionswoche mit zwei Angeboten zu beteiligen. Ich dachte dabei insbesondere an Beschäftigte der Stadtverwaltung, aber die vielen anderen Angebote auch, sind natürlich für alle Personen offen.

Geben Frauen Ihrer Meinung nach mehr acht auf ihre seelische Gesundheit als Männer?

Aber ja, Frauen nehmen ihren Körper, nehmen ihre Seele, nehmen das, was auf sie eindringt anders wahr, bewusster wahr als das Männer tun, leider. Aber ich glaube, Männer sind auch auf dem guten Weg. Frauen achten darauf, dass sie körperlich gesund sind und nehmen auch professionelle Hilfe eher an, als das Männer tun.

Warum sollte man in der heutigen Zeit einen besonderen Fokus auf die seelische Gesundheit legen?

Weil das für unser Leben ganz besonders wichtig ist. Ich glaube, die seelische Gesundheit wird unterschätzt. Im Umgang mit Frauen und Männern in meiner Beratungs- und Kontaktarbeit stelle ich fest, dass Frauen in Konfliktsituationen damit ganz anders umgehen als Männer, nehmen die Schuld auf sich, ziehen sich zurück. Männer suchen nach äußerem Einfluss, nach anderen Schuldigen und haben aber unwahrscheinlich damit zu tun, wenn sie eine Person oder einen Ort verlieren. Bindung spielt für Männer eine ganz besonders große Rolle. In Trennungssituationen geraten sie in eine Krise, aus der sie sich ganz schwer erholen, sich lieber schnell in eine neue Beziehung stürzen, um der Einsamkeit zu entfliehen.
Einsamkeit, Isolation oder einen Menschen zu verlieren, egal in welcher Situation oder nicht aufeinander Bezug nehmen zu können, ist für Frauen und Männer von ganz besonderer Bedeutung. Ich glaube, dass da Frauen einen einfach einen Vorteil haben.
Das seelische Wohlbefinden ist beruflich, privat, in allen gesellschaftlichen Kontexten für unser Leben ganz, ganz wichtig. Darauf müssen wir Frauen aber auch die Männer achtgeben und achtsam mit sich und ihrem Körper, mit ihrer Gesundheit umgehen.