Händler und Gastronomen sprechen über Sorgen und Nöte

04.06.2020 13:55

Schwere Zeiten für Einzelhändler und Gastronomen: erst wochenlange komplette Umsatzausfälle, weil Geschäfte und Restaurants wegen der Corona-Pandemie schließen mussten - nun Umsatzeinbußen, weil Kundschaft und Gäste nicht so schnell wiederkommen und weil Hygienevorgaben der Gastronomie die Plätze rauben. Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein wollte die Probleme direkt von den Betroffenen hören und machte sich auf Einladung des städtischen Citymanagements auf einen Rundgang durch die Erfurter Innenstadt.

Video: Händler und Gastronomen sprechen über Sorgen und Nöte © Stadtverwaltung Erfurt / Vitalik Gürtler

Zuhören, wenn die Menschen Probleme haben. Darüber sprechen, Lösungen suchen und möglichst welche finden. Oberbürgermeister Andreas Bausewein und die Beigeordneten Andreas Horn und Steffen Linnert haben sich dazu aufgemacht. Von Gastronomen, von Einzelhändlern wollen sie erfahren, wo der Schuh drückt in Zeiten von Corona. Eingeladen zu diesem Rundgang durch die Erfurter Innenstadt hatten das städtische Citymanagement und der Citymanagementverein, deren Vertreter besonders wissen, welche Last die Gewerbetreibenden gerade zu schultern haben. Im Krämerbrückencafé beispielsweise, wo der Umsatz gerade einmal 10 Prozent zu normalen Zeiten ausmacht. Und dann noch das: Vor der Tür wird der Benediktsplatz gebaut. Eine doppelte Katastrophe. Denn Krach und Dreck mögen Cafébesucher so ganz und gar nicht.   

Marion Grüneberger, Inhaberin „Krämerbrückencafé“:

Baustellen haben sie zu Hause. Die Leute wollen sich erholen und dann gehen sie natürlich auf Plätze, wo es schön ist, das ist klar.

Andreas Bausewein, Erfurter Oberbürgermeister:

Man kann natürlich sagen, wenn es fertig ist, ist alles super. Aber erst einmal dahin kommen.

Marion Grüneberger, Inhaberin „Krämerbrückencafé“:

Die Tourist-Info als Baustelle. Die Gäste fragen immer, um Gottes willen, was machen die denn? Ich sage, es wird alles schön gemacht für die Buga. Kommen sie wieder!

Andreas Bausewein:

Jetzt sind wir fast mit allem durch. Michaelisstraße durch, da vorn durch, die Rathausbrücke neu gemacht. Wenn der Benediktsplatz fertig ist, dann ist in den nächsten 20 Jahren Ruhe.

Die Stadtverwaltung versucht in der misslichen Lage zu helfen, wo sie kann. So durfte das „Krämerbrückencafé“ 36 Plätze in der kleinen Gasse hin zur Krämerbrücke aufstellen. Ordnungsamt und Feuerwehr haben das Möglichste möglich gemacht. Stichwort: Rettungsweg! Nun müssen die Gäste den neuen Außenbereich nur noch annehmen.

Das Café ist sicherlich ein ziemlich schwerer Fall. Aber auch die Händler auf der Krämerbrücke kämpfen mit den Umsatzeinbrüchen durch die derzeitige Pandemie. Im Thüringer Spezialitätenladen fließt gerade einmal ein Drittel des normalen Umsatzes in die Kasse, erzählt Inhaberin Bettina Vick. Sie weiß, die Stadtväter können ihr nicht die Kundschaft zutreiben. Aber vielleicht können sie ihr und ihren Nachbarn auf der Brücke einen Wunsch erfüllen.

Bettina Vick, Inhaberin „Thüringer Spezialitätenmarkt“:

Das Krämerbrückenfest fällt zwar aus, aber vielleicht wäre es noch möglich, dass wir die Brücke dekorieren können. Meine Idee waren Schirme. War schon mal da, ist vielleicht wiederholbar, um einfach Mut zu machen.

Da wird sicherlich etwas zu machen sein, auch wenn es recht kurzfristig ist. Oberbürgermeister Bausewein verspricht den Wunsch mitzunehmen ins Rathaus in die nächste Dienstberatung.

Bei den Gastronomen, die ihn auf dem Wenigemarkt erwarten, müssen er und seine Beigeordneten sich auch Schelte anhören. Die Ämter seien zu langsam, zu unflexibel in der Krise. Der zuständige Beigeordnete wirbt um Verständnis.

Andreas Horn, Beigeordneter für Sicherheit und Umwelt:

Wir versuchen wirklich, was möglich ist. Wenn es mal zwei Wochen dauert, sorry, dann dauert es halt so lange. Wir haben kein Interesse, dass einer hier Pleite geht.

Auch für die Gastronomen hat die Stadt Erfurt in dieser schwierigen Lage bereits einiges gemacht. So werden ihnen die Sondernutzungsgebühren für die Außenbewirtschaftung erlassen. Außerdem dürfen sie mehr Tische aufstellen als vergangenes Jahr, wenn sie so keine Rettungswege versperren. Denn mehr Platz bedeutet eins zu eins mehr Geld.

Christian Wetzel, Inhaber „Café Nüsslein“:

Das ist das Einzige, das uns im Moment tatsächlich hilft, nur mit Plätzen können wir Umsätze generieren und unsere Mitarbeiter, unsere über viele Jahre aufgebauten Teams, zusammenhalten.

Denn das ist das nächste Problem, die Gastronomen befürchten, dass ihnen das Personal wegläuft. Wer ewig auf Kurzarbeit ist oder kein Trinkgeld bekommt, der sucht sich neue Jobs. In der Logistik zum Beispiel, die gerade in dieser Krise ja brummt.

Katrin Elsmann, Inhaberin eines Jeansladens in der Schlösserstraße, hat sogar schon ans Aufgeben gedacht. Aber das widerspricht ihrer Kämpfernatur. Deshalb hat sie lieber eine kleine Kampagne gestartet, damit die Menschen nicht von Zuhause, vom Sofa aus im Internet kaufen, nur, weil es so schön bequem ist. Auch hier verspricht Oberbürgermeister Bausewein Unterstützung.

Andreas Bausewein:

Wir sprechen gerade, wie weit es möglich wäre, Werbekampagnen zu fahren, innovative Kampagnen zu fahren, um die Leute zu animieren gerade in der Innenstadt und lokal einzukaufen. Da werden wir die nächsten Tage noch Gespräche führen.

Manche sagen, es ist fünf vor 12 für unsere Einkaufsstadt. Die Stadtverwaltung hat die Gefahr erkannt und versucht mit ihren Möglichkeiten gegenzusteuern. Den Händler-Wunsch nach mehr verkaufsoffenen Sonntagen muss allerdings das Land entscheiden.