Was machen eigentlich unsere Radwege, Herr Kintzel? Interview mit dem Chef-Verkehrsplaner der Landeshauptstadt Erfurt

21.08.2020 12:18

Die Stadt Erfurt und ihre Radfahrer, ein nicht immer leichtes Thema. Die Radfahrgemeinde und die Interessenvertretungen fordern mehr Radwege und das am besten sofort. Aktuell strebt eine Initiative ein Bürgerbegehren an. Die Stadt Erfurt sagt hingegen, wir machen doch schon. Fakt ist: 1990 hatte Erfurt rund 44 Kilometer Radwege, mittlerweile sind es 200 – eine Verdoppelung seit 2008! Mehr geht natürlich immer, zumindest theoretisch. Wo es praktisch hakt, das verrät der städtische Abteilungsleiter für Verkehrsplanung in einem Interview mit Heike Dobenecker.

Video: Was machen eigentlich unsere Radwege, Herr Kintzel? © Stadtverwaltung Erfurt

Herr Kintzel, waren Sie als Verkehrsplaner auch involviert, als hier in der Gutenbergstraße Fußweg und Radweg getrennt wurden?

Ja, wir waren natürlich beteiligt an dieser ganzen Planung. Es ist eine ganz wichtige Achse, die Anbindung von der Nordhäuser Straße/Andreasstraße ans Gutenberg-Gymnasium. Dort gibt es ein sehr großes Defizit. Die Kinder kommen sehr schwer hin. Wir haben natürlich die Chance genutzt, mit der Umgestaltung dieses Parks und der Umgestaltung der Gutenbergstraße hier ein Konzept zu planen, wie wir Radfahrer und Fußgänger – beide verträglich von der Nordhäuser Straße bis zum Gutenbergplatz bringen können.

Heißt das, immer, wenn etwas neu entsteht, wenn geplant wird, dann sind Sie mit dabei?

In den allermeisten Fällen sind wir dabei, weil es gibt uns immer wieder die Chance, wenn etwas neu geplant wird,  auf den Straßenquerschnitt, den Straßenraum neu aufteilen zu können. Die meisten unserer Straßen sind ja in ziemlicher Vergangenheit entstanden, zum Zeitpunkt, als der Radverkehr keine große Rolle gespielt hat. Wir haben mittlerweile  fast 13 Prozent Radverkehr in der Stadt Erfurt und fast eine Verdopplung seit 2008 von Radwegen in der Stadt Erfurt. Und so sind natürlich auch die Bedürfnisse ganz andere. Wir sind angehalten, die Bedingungen für den Radverkehr deutlich zu verbessern. Diese Trasse Gutenbergstraße ist eine, die ganz markant ist, weil sie auch die vielen Konflikte zeigt, die wir hier haben. Es ist ja immer eine Kompromisslösung. Die Menschen, die Rad fahren wollen, die wohnen meist nicht hier und die Menschen, die hier wohnen, haben ganz andere Interessen. Wir haben natürlich begrenzte Flächen, und gerade die Konflikte zwischen Radwegen, Fußwegen und Abstellflächen für den ruhenden Verkehr sind ganz bedeutend. Gerade in so einer Gründerzeitgegend, in der wir uns hier befinden. Und deshalb war es auch ein intensiver Planungsprozess mit sehr, sehr vielen Abstimmungen. Wir waren gerade zu dieser Trasse zwei Mal im zuständigen Stadtratsausschuss, um auch noch einmal Möglichkeiten zu prüfen, die durch Anregungen der Bürger kamen, die natürlich gesagt haben, hier fallen schon eine ganze Reihe von Stellplätzen weg, jetzt fallen durch die Radwege auch noch welche weg. Gibt es denn vielleicht andere Möglichkeiten? Es war eine wirklich sehr intensive Planung, die sich auch über drei Jahre hingezogen hat und wo wir auch jetzt schon mit diesem Park die Möglichkeit geschaffen haben, diese gesamte Planung vorzubereiten, Anschlussbedingungen zu schaffen. Wir hoffen, dass es im nächsten Jahr weitergeht und ein wirklich durchgängiger Radweg entstehen kann.

Es ist also ein ganz schöner Weg für die Verwaltung, um so ein Stückchen Radweg voranzubringen?

Ja. Das ist mitunter ein sehr intensiver Abschnitt der Planung, was man nach außen gar nicht so sieht. Hier ging es vor allem darum, zeitliche Eintaktungen – dieser Park ist eine Maßnahme, die im Zusammenhang mit der Buga steht – mit den Zielen des Radverkehrs zu verbinden. Wir hätten uns sicherlich gewünscht, als die Gutenbergstraße offen war, als die Fernwärmeleitungen verlegt waren, dass man diesen Querschnitt gleich mitmachen können, um einfach auch die Belastungen und Beeinträchtigungen für die Anwohner so gering wie möglich zu halten. Aber das sind wir schon bei dem Problem, es geht nicht immer so schnell. Es müssen Fördermittel fließen, die waren zu dem Zeitpunkt nicht da. Insofern ist das ein bisschen nach hinten gerückt. Trotzdem müssen die Rahmenbedingungen geschaffen werden. Es sind viele, viele Dinge, die beachtet werden müssen. Es sind viele kleine Abstimmungen mit Versorgungsträgern, Baumstandorte sind ganz wichtig, wo können wir hinein. Hier in dieser Straße hatten wir auch massive Probleme mit der Feuerwehr, dass man von außen anleitern kann. Dazu der zweite Rettungsweg. Viele Dinge, die im Endeffekt der Radfahrer gar nicht sieht, aber in der Planungsphase ganz massiv berücksichtigt werden müssen. Insofern ist es ein sehr schönes Beispiel, und ich bin auch ganz glücklich drüber, dass uns das jetzt hier so gelungen ist, dass wir diese Trennung haben. Ich hoffe auch, dass es dann die Radfahrer und die Fußgänger sehr gut annehmen werden.

Der „Verkehrsentwicklungsplan  Radfahrwege“, ein sperriger Begriff. Dahinter steht ein Stadtratsbeschluss aus 2014. Das ist die grobe Linie, die sich Erfurt gegeben hat, wo es mit den Radwegen hingehen soll. Wie ist der aktuelle Stand, woran wird gearbeitet, und gibt es Bestrebungen darüber hinaus?

Es ist natürlich erst einmal unsere Leitlinie, an der wir uns orientieren. Jüngstes Beispiel ist die Arnstädter Straße, die lange gebraucht hat, um diese Achse zu vervollkommnen. Wenn wir jetzt mit der Maßnahme in der Arnstädter Straße bis zur Thüringenhalle weiterbauen, ist ein wesentliches Ziel schon erreicht. Denn wir wollen ja Hauptrouten, die quer durch die Stadt gehen, zusammenhängend entwickeln. Wir werden dann von der Thüringenhalle – mit Einschluss neues Parkhaus Löbertor – eine ordentliche Radverkehrslösung bis zur Andreasstraße bekommen. Schon nächstes Jahr. Dann folgt die Fortsetzung Ilversgehofen/Nordhäuser Straße. Also diese Projekte bilden schon den Schwerpunkt. Dieser Bereich Gutenbergstraße ist dabei. Wir haben im Moment die Planung am Schmidtstedter Knoten. Es sind aber viele andere Planungen im Moment auf der Tagesordnung. Wichtiger Schwerpunkt ist natürlich auch der Geraradweg im Norden mit der Nördlichen Geraaue, mit zwei wichtigen Brückenbauwerken, die natürliche das Radwegesystem deutlich verbessern werden. Da ist eine ganze Menge im Wachsen und Werden. Es ist vielleicht nicht alles so sichtbar. Ich will aber auch nicht verhehlen, dass man natürlich seit 2014 Anpassungen treffen kann. Wir haben neuere Gebietsentwicklungen, wo wir gesagt haben, das war vorher noch gar nicht so eine wichtige Achse. Der alte Schlachthof in der Greifswalder Straße beispielsweise, wo wir eine Schule bauen werden, wo natürlich von der Größenordnung von 1.000 Schülern auch entsprechende Radwege sein müssen, die wir auch sehr verkehrssicher ausbilden müssen. Das sind solche Entwicklungen, bei denen wir sehr frühzeitig in der Planung darauf achten, wo Straßenquerschnitte so bemessen sind, dass sie auch attraktiv und sicher für die Schüler sein werden. Das sind Dinge, da muss man immer dranbleiben und immer fortschreiben. Es gibt aber auch viele andere Dinge, wie den Radweg zwischen Azmannsdorf und Vieselbach, der auch als Thüringer Städtekette  für den Tourismus interessant ist. Dort war es immer ein Ärgernis für alle Radfahrer, weil der Weg sehr holprig war und sehr schlechtes Pflaster hatte. Mit dem Bau werden wir noch in diesem Jahr beginnen und ihn im nächsten Jahr fertigstellen.  Wir reden immer über zusammenhängende Netze und brauchen dazu Lückenschlüsse. Und meist ist es ja so gewesen, die relativ einfach zu realisierenden Teile kriegt man schnell hin. Dort, wo die Konflikte entstehen, das sind solche Lückenschlüsse zwischen zwei Abschnitten, die sind aufwändig, die sind auch mit sehr vielen Kompromissen verbunden. Und das macht auch Zeit und Mühe. Das wird  häufig nicht so gesehen. Wir müssen die Netz-Elemente miteinander verbinden, wir müssen betriebliche Möglichkeiten schaffen, die Verkehrssicherheit muss stimmen, ich muss abbiegen können, ich muss Lichtsignalanalgen häufig anpassen, ich muss Borde absenken – das sind alles so Dinge, die im Kleinen verborgen liegen, die aber ganz wichtig sind, um ein durchgängiges, zusammenhängendes Netz zu erarbeiten.

Sie haben gerade den Geraradweg angesprochen, die Westseite – da wird ja kräftig gebaut von der Karlstraße bis zum Kilianipark. Dort gab es auch einmal Bestrebungen, auf der Ostseite noch einen Radweg zu bauen. Wie sieht es da aus aktuell?

Die Planung ist in einer sehr frühen Phase, und es ist auch ein Finanzierungsproblem, denn wir brauchen dafür Fördergelder. Wir haben heute schon die Situation, dass wir an schönen Wochenenden eine ziemliche Übernutzung dieses Weges haben. Wir haben über 350.000 Radfahrer jedes Jahr auf diesem Weg. Und es wäre hilfreich, auf der Ostseite noch einen parallelen Weg zu haben, der diese ganze Situation etwas entkrampfen könnte. Es bleibt längerfristig ein Ziel, konkrete Umsetzungsmaßnahmen gibt es noch nicht.

Praktisches Beispiel Schmidtstedter Knoten. Der war  Thema im Bauausschuss. Dort haben sich die Radfahrer eine andere Lösung gewünscht. Gibt es dazu schon Ideen?

Man muss dies relativieren. Der Schmidtstedter Knoten ist ja ein sehr großer Straßenknoten, der Ende der 60er Jahre geplant, Anfang der 70er Jahre gebaut wurde. In einer Zeit, als Radverkehr überhaupt keine Rolle gespielt hat. Insofern ist es wichtig, dass wir jetzt versuchen, dort die Bedingungen anzupassen und ihn für Radfahrer und Fußgänger wieder benutzbar zu machen. Unser Ziel war es bei beiden, eine gewisse Verhältnismäßigkeit zu wahren. Wir haben z.B. in der Tunnelröhre 50.000 Fahrzeuge, in der Weimarischen Straße 33.000 Fahrzeuge. Und die Anzahl der Radfahrer ist vergleichsweise gering. Ich würde sagen, zwischen 200 und 300 Radfahrern pro Tag. Wir haben dort eine Lösung erarbeitet, der auch vom Ausschuss so bestätigt wurde, die einen sehr guten Kompromiss darstellt zwischen der Funktion des Knotens als wesentlicher Schwerpunkt des Straßennetzes und einer ordentlichen Befahrbarkeit für die Radfahrer. Dass sich der eine oder andere mehr wünscht, ist Realität. Wir müssen dort einfach Kompromisse finden, die für alle verträglich sind, und ich glaube, wir haben einen sehr guten Kompromiss gefunden an der Stelle. Für uns ist auch wichtig, dass die Radfahrer sicher diesen Knoten passieren können, dass er für alle befahrbar ist – ich spreche jetzt für alle Altersgruppen – für alle Sicherheitsstandards, die wir so haben und nicht nur für einige sehr mutige Radfahrer, die moderne Lösungen favorisieren, wo man gemeinsam mit dem Verkehr fährt und ganze Spuren für den Verkehr wegnimmt. Da muss man schauen, ob man das wirklich so weiterführen kann. Wir haben jetzt eine Lösung, die funktionieren wird. Es ist auch nicht ein für alle Mal ausgeschlossen, dass wir das noch einmal ändern.

Wie sieht die Lösung jetzt aus?

Die Lösung war vor allem die, von Ost nach West zu kommen, ohne über die Fußgängerbrücke fahren zu müssen. Das ist ein relativ großer Umweg. Wir werden dort mit zwei Lichtsignalanlagen über eine Dreiecksinsel über die Mittelinsel führen, so dass man eigentlich direkt bis zum Bahnhof weiterfahren kann. In der Gegenrichtung wird es auch eine Lösung geben, wo wir ein wenig von der Weimarischen Straße wegnehmen und einen Radstreifen abmarkieren. Das alles stand und steht im Zusammenhang mit dem Fernbus-Bahnhof, der da für den gleichen Bereich geplant wurde. Und wir haben besprochen, dass wir im nächsten Jahr oder dieses Jahr eine weitergehende Planung beauftragen werden, die Fernbus-Bahnhof-Bau und den Bau Schmidtstedter Knoten/Radweganpassung zusammen plant. Es ist also auch das, was von uns gefordert wird, nicht die ganz großen Umbauten, sondern Möglichkeiten, die wir auch schnell umsetzten können, kostensparsam über Markierungslösungen etwas zu verbessern. Und ich glaube, das wird dort auch gelingen. Wir werden neue Lichtsignalanlagen einrichten, neue Querungsmöglichkeiten, die aus meiner Einschätzung eine sehr sichere Querung ermöglichen für Radfahrer und auch für Fußgänger.

Wir haben viele Einbahnstraßen für Fahrradfahrer freigegeben. Die Windthorststraße ist eine Fahrradstraße geworden. Kann man in diese Richtung noch weiterdenken, um Fahrradfahrern sicheres Fahren zu ermöglichen?

Das ist sicher eine richtige Auffassung. Das ist auch eine, die wir verfolgen. Man muss dabei nur schauen, ob eine kritische Masse Radfahrer da sind wie in der Windthorststraße. Wir haben gerade in diesem Jahr mit einem weiteren Pilotprojekt versucht, das letzte Stückchen zwischen Damaschkestraße und Häßlerstraße in der Gegenrichtung freigegeben. Das ist vielleicht ein bisschen untergegangen, aber das war auch nicht ganz einfach mit der EVAG, diese Lösung zu finden. Wir haben in Erfurt mindestens zwei weitere Fahrradstraßen, die sind auch nicht so im Bewusstsein. Man muss nur schauen, angedacht war auch immer so eine Möglichkeit in der Moritzstraße. Da muss man wirklich abwägen, und das werden wir auch jetzt im Arbeitskreis Radverkehr tun. Wir haben dort schon Tempo 20, in einer Fahrradstraße ist Tempo 30. Was ist sicher, und welche Qualität will man? Wir haben die Möglichkeiten immer auf dem Schirm und dort, wo sich es anbietet, werden wir das auch weiter umsetzen. Wir halten die Fahrradstraße für eine gute öffentliche Ausweisung, was wir im Radverkehr tun wollen. Das ist eine Möglichkeit, den Radverkehr zu befördern und sich insgesamt radverkehrfreundlicher darzustellen als Stadt Erfurt.

Wo sind die anderen beiden Fahrradstraßen neben der Windthorststraße?

Die sind Bestandteile von den Fernradwegen. Die eine geht von Bischleben in Richtung Möbisburg, an der Gartenanlage entlang. Und die andere ist der Leinefelder Weg in Richtung Weimar, die Thüringer Städtekette. Die sind ausgeschildert als Fahrradstraßen, sind aber nur den Leuten bekannt, die dort ihre Gärten haben und die, die sich auf den touristischen Wegen begeben.

Sie haben den Arbeitskreis Radverkehr angesprochen. Wie setzt der sich zusammen, was macht er?

Der Arbeitskreis Radverkehr ist seit 1994 aktiv und begleitet eigentlich alle Planungen, die wir als Verwaltung dort vorstellen und auch alle Beschwerden oder Vorkommnisse, die Radfahrer haben in der Stadt, werden dort diskutiert. Das ist eigentlich ein Arbeitskreis, der sich aus Interessenvertretern des Radverkehrs zusammensetzt: Der ADFC, der VDC, die Stadtratsfraktionen sind vertreten, die Polizei ist vertreten, andere Bereiche, die bei Bedarf dazukommen, und die Verwaltung stellt dort häufig die Planungen vor. Das sind mitunter sehr intensive Diskussionen, die auch zum Teil sehr konträr erfolgen. Aber im Endeffekt – glaube ich – haben wir in den vergangenen Jahren damit auch eine ganz gute Qualität und auch Akzeptanz der Anlagen erreicht. Das sind die kleinen Kümmernisse, die da sagen: ja, das habt ihr nicht bedacht, hier müsst ihr noch das und das machen. Und diese Dinge diskutieren wir. Wie ich vorhin sagte, welche Qualität will der Radfahrer haben. Wir wollen als Verwaltung nicht alles vorgeben. Wir wollen natürlich auf die Erfahrungen der Fahrradnutzer – das sind ja die Multiplikatoren – dort auch zurückgreifen und sagen, ja, wenn ihr das so wollt, dann können wir das machen. Solche Fragestellungen, wie eben: Ist eine Fahrradstraße besser als eine Tempo-20-Zone für den Radfahrer? Oder fahren wir lieber auf einer Busspur? Oder fahren wir lieber oben auf dem Gehweg? Solche Entscheidungen diskutieren wir gerade aktuell.

Also ein Gremium, wo Politik, Verwaltung und auch die Interessenverbände unmittelbar an einem Tisch sitzen und sich auf kurzem Wege kurzschließen und nach Lösungen suchen?

Ja, es ist ein beratendes Gremium und wir werden auch parallel dazu einen interfraktionellen Arbeitskreis Radverkehr etablieren, wo natürlich auch gerade die Prioritäten und die Dringlichkeiten besser durch die Politik befördert werden können. Ich glaube, beide Arbeitskreise haben ihre Daseinsberechtigung. Es zeigt ganz einfach auch den Stellenwert, den wir dem Radverkehr mittlerweile beimessen. Ich habe letztens recherchiert: Wir haben in den letzten drei Jahren über 50 Stadtratsanfragen gehabt, die sich allein mit den vielfältigen Problemen des Radverkehrs auseinandersetzen. Und da sind wir noch nicht am Ende der Fahnenstange, glaube ich.

Wurde auch zum Thema Fahrradständer oder Fahrradbügel gefragt? Es gibt ja die Kritik, es gebe zu wenig. Woran liegt es vielleicht, dass sich die Fahrradfahrer mehr wünschen?

Ich würde das relativieren.  Wir haben die Fahrradstände alle einmal erfasst: Wir haben im Innenstadtgebiet ca. 3.500 Abstellmöglichkeiten im öffentlichen und halböffentlichen Bereich. Trotzdem werden nicht immer dort, wo Radfahrer sie suchen auch welche da sein. Und es ist wirklich schwierig, die geeigneten Stellen zu finden. Wir haben in den letzten Jahren zwei Fahrradparkhäuser gebaut mit ziemlich großen Kapazitäten und persönlich bin ich auch ein bisschen betroffen, dass sie dann gar nicht so richtig angenommen werden und der Radfahrer dann das nächste Verkehrsschild sucht, um sein Fahrrad dort anzuschließen, obwohl Kapazitäten da sind. Natürlich gibt es ein paar Hotspots: Domplatz, Wenigemarkt, Fischmarkt, wo wir auch immer versuchen, im Zuge der Gestaltung dieser Plätze entsprechende Fahrradständer mit einzuordnen. Das jüngste Beispiel ist die Rathausbrücke. Und man muss wirklich sagen, es gibt eine ganze Reihe von Randbedingungen, die man beachten muss. Da spielt die Feuerwehr eine Rolle, da spielen Rettungswege eine Rolle, dort spielt Sondernutzung für Gastronomie eine Rolle. Das Anlehnen an Bäumen ist auch so ein Thema, wo wir mittlerweile in Erfurt eine ganz gute Lösung gefunden haben, dass wir Baumbügel geschaffen haben. Das kennen wir vom Anger, wo wir auch am Domplatz ausgebaut haben, dass wir das Fahrrad mit anschließen können, ohne den Baum wirklich zu schädigen. Ich glaube, wir sind da schon ganz gut unterwegs. Ein Kollege in meinem Amt ist fast ausschließlich damit beschäftigt, solche Stelleplätze abzustimmen mit den entsprechenden Beteiligten, und es ist nicht immer einfach. Wir haben relativ wenig Flächen. Unser öffentlicher Freiraum ist ziemlich stark übernutzt, die Anforderungen sind sehr intensiv. Trotzdem können wir uns an der einen oder anderen Stelle natürlich weitere Fahrradständer vorstellen. Ich glaube, es ist auch ganz wichtig, dass privates Engagement eine Rolle spielt, und da sind wir auch im Moment dabei, dass wir wirklich innerhalb von Bauanträgen und Bauleitplänen die Investoren dazu zu bewegen, in Größenordnungen Fahrradständer zu erbringen, mit herzustellen. Es ist ein Anziehungspunkt, ein Qualitätssiegel für ein Geschäft, selbst so etwas zu haben. Auch außerhalb der Innenstadt. Da sind wir auf einem ganz guten Wege.