Die Kunstmäzenin: Ilse Franke

Am 18. Dezember 2006 wurde der Kunstsammlerin Ilse Franke die Ehrenbürgerschaft der Stadt Erfurt verliehen.

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"Ilse Franke überreichte im Jahr 2004 ihrer Heimatstadt Erfurt eine der umfangreichsten und profiliertesten Sammlungen moderner, internationaler Grafik, die in der DDR zusammengetragen worden ist. Diese wird heute im Angermuseum bewahrt und bereichert den Bestand des Kunstmuseums der Landeshauptstadt Erfurt nicht nur um zahlreiche Meisterwerke des 20. Jahrhunderts, sondern hilft vor allem, die großen Lücken zu schließen, die sich durch eine von Ideologien bestimmte Kulturpolitik aufgetan haben. Die "Schenkung Rudolf und Ilse Franke" ist die wichtigste mäzenatische Gabe an die Stadt Erfurt seit den Tagen ihres großen Kunst- und Kulturförderers Alfred Hess."

Mehr als 50 Jahre unterstützte Ilse Franke nicht nur die sammlerischen Intentionen ihres Ehemannes, des Grafikers, Kunstvermittlers und profunden Kenners moderner Kunst Rudolf Franke. Sie hat mit ihm gemeinsam auch jenen weltoffenen und kunstfreundlichen Kosmos geschaffen, für den die "Feste der Augen" ebenso stehen wie die Aktivitäten der "Erfurter Ateliergemeinschaft", sagte Oberbürgermeister Andreas Bausewein in seiner Laudatio.

Ihr Werdegang

Ilse Franke wurde 1925 in Erfurt geboren. Sie erlernte den Beruf Erzieherin und arbeitete später als Kindergärtnerin, zuletzt als Leiterin eines Erfurter Kindergartens. Gemeinsam mit ihrem Mann, dem Grafiker und Hochschullehrer Rudolf Franke, baute sie in sechs Jahrzehnten eine mehr als 14.000 Druckgrafiken und Handzeichnungen umfassende Kunstsammlung des 20. Jahrhunderts auf. Es war die wohl umfangreichste Privatsammlung, die jemals in der DDR entstanden ist. Nach dem Tod ihres Mannes schenkte Ilse Franke die komplette Sammlung dem Erfurter Angermuseum. 2006 erhielt sie dafür den Verdienstorden des Freistaats Thüringen.  Am 8. November 2021 verstarb Franke im Alter von 96 Jahren in ihrer Geburts- und Heimatstadt.

Ein Leben für und mit der Kunst

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Ein Leben lang hat sie Kunst gesammelt und dann – im fortgeschrittenen Alter – verschenkt sie diese. Einfach so und ohne Bedingung oder Gegenleistung, obwohl die "Schenkung Rudolf und Ilse Franke" sehr viel Geld wert war. Sind doch mit den rund 14.000 Grafiken wesentliche Bereiche der Kunst des 20. Jahrhunderts großräumig umfasst: Dresdner Brücke, Bauhaus, Gruppe Clara Mosch, École de Paris, Klassiker wie Picasso, unangepasste Einzelgänger in der DDR wie Hermann Glöckner, Gerhard Altenbourg oder Alfred Traugott Mörstedt. Ilse und Rudolf Franke hatten ihr Leben der Kunst gewidmet, Kinder hatten sie keine. Ihr beider Wunsch war es, die Sammlung an das Kunstmuseum ihrer Heimatstadt weiterzugeben und damit im Angermuseum auszubessern, was die Nazis angerichtet hatten. „Es ist so viel beschlagnahmt worden hier in dem Museum. Die hatten Bauhäusler und Schmidt-Rottluff und solche modernen Künstler, und da hat mein Mann gesagt, das ist ja beschlagnahmt worden und durch unsere Grafik wird die Lücke wieder ein bisschen gefüllt“, erzählte Franke einmal in einem Radio-Interview.

Private Ausstellung "Fest der Augen"

Ehemann Rudolf Franke, der 2002 verstarb, sammelte seit Jugendjahren Druckgrafiken des Expressionismus. Später mit seiner Frau Ilse richtete er den Blick auf künstlerisches Schaffen in DDR und Bundesrepublik, auf die Meister der École de Paris sowie auf die internationale europäische Moderne. Rudolf Franke, selbst Grafiker, war Mitbegründer der „Erfurter Ateliergemeinschaft“ (1963-1974). Seine Frau Ilse unterstützte ihn insbesondere bei der Edition grafischer Mappenwerke. Gemeinsam veranstaltete das Paar fünf Jahrzehnte lang das „Fest der Augen“, eine private Ausstellung fernab des verordneten „Sozialistischen Realismus“.

Jede Mark in Kunst gesteckt

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Fast alles, was das Ehepaar verdiente, investierte es in moderne Kunst. Die Absicht, damit ein Vermögen anzuhäufen, hatte es nicht. Es war Rudolf Frankes größtes Glück, wenn er die Sammlung Blatt um Blatt erweitern konnte. Es war seine Leidenschaft, wenn er auf dem Fahrrad nach Weimar fuhr, um in Antiquariten nach Werken einst vertriebener Bauhauskünstler zu stöbern. Isle Franke im Radiointerview: „Dann hatten wir sehr viele Gönner. Denn alle wussten, wir waren keine Großverdiener. Wir waren beide nur Pädagogen, und die Gehälter für Pädagogen waren nicht sehr hoch. Da gab es ganz, ganz viele, die immer dachten, ach, der Franke, der sammelt, und da müssen wir mit dem Preis runtergehen. Oder wenn wir ein Blatt kauften, bekamen wir manchmal noch eines geschenkt.“ Dass sie dieses Lebenswerk, obwohl es Kaufinteressenten gab,  am Ende verschenkt hatte, bereute sie nicht. Denn ihr Lebensmotto lautete: „Mit Kunst das Leben besser zu machen“.