Ein Denker und Mahner der evangelischen Kirche: Dr. Dr. h. c. Heino Falcke

Am 28. Mai 2019 wurde dem ehemaligen Propst des Augustinerklosters, Dr. Dr. h. c. Heino Falcke, die Ehrenbürgerschaft der Stadt Erfurt verliehen.

Foto: © Stadtverwaltung Erfurt

In der Ehrenurkunde heißt es:

„Heino Falcke übernahm 1973 das Amt des Propstes der damaligen Propstei Erfurt. In seiner 21-jährigen Dienstzeit hat er den geistlichen Charakter des Augustinerklosters geprägt und das Kloster bereits zu DDR-Zeiten sowie nach 1989 zu einem Zentrum des theologischen und gesellschaftlichen Diskurses entwickelt. Heino Falcke hat die Idee eines weltweiten konziliaren Prozesses für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung maßgeblich mitgestaltet. Er leistete damit von Erfurt aus einen wichtigen Beitrag zur Überwindung des Ost-West-Konfliktes, zum Fall der Mauer und zu einem neuen Miteinander der Völker Europas und der Welt.”

Oberbürgermeister Andreas Bausewein würdigte Falcke als „eine Persönlichkeit, die sich in besonderem Maße um Frieden und Gerechtigkeit auf unserer Welt verdient gemacht hat und die zu den bedeutenden Denkern und Mahnern der evangelischen Kirche in der DDR zählt.”

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  • Ehrenbürger Urkunde Dr. Dr. h. c. Heino Halcke

    Ehrenbürger Urkunde Dr. Dr. h. c. Heino Halcke

    © Stadtverwaltung Erfurt
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„Plane zielbewusst,
bereite glaubend vor,
schreite zuversichtlich voran,
verfolge beharrlich Dein Ziel."

Sir William Ward (1837 - 1924)

"Die Landeshauptstadt Erfurt
verleiht
Herrn Dr. Dr. h. c. Heino Falcke
für seine Verdienste zum Wohle
seiner Wahl-Heimatstadt
das Ehrenbürgerrecht.

Sie ehrt und würdigt damit das Lebenswerk eines Mannes, der zu den bedeutenden Denkern und Mahnern der evangelischen Kirche in der DDR zählte. Die christliche Existenz im sozialistischen Staat, die Sicherung des Friedens und die Erhaltung der Umwelt waren Schwerpunkte seines Schaffens.

Heino Falcke übernahm 1973 das Amt des Propstes der damaligen Propstei Erfurt. In seiner 21-jährigen Dienstzeit hat er den geistlichen Charakter des Augustinerklosters geprägt und das Kloster bereits zu DDR-Zeiten sowie nach 1989 zu einem Zentrum des theologischen und gesellschaftlichen Diskurses entwickelt.
Heino Falcke hat die Idee eines weltweiten konziliaren Prozesses für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung maßgeblich mitgestaltet. Er leistete damit von Erfurt aus einen wichtigen Beitrag zur Überwindung des Ost-West-Konfliktes, zum Fall der Mauer und zu einem neuen Miteinander der Völker Europas und der Welt.

Noch heute fühlt er sich Erfurt verbunden, lebt hier, nimmt an Gottesdiensten teil und beteiligt sich aktiv an aktuellen Debatten."

Sein Werdegang

Foto: © Stadtverwaltung Erfurt
  • Am 12. Mai 1929 wurde Heino Falcke in Riesenburg im damaligen Westpreußen geboren.
  • In Berlin, Göttingen und Basel studierte er nach dem Krieg evangelische Theologie.
  • Anschließend arbeitete er im schweizerischen Basel als wissenschaftlicher Assistent des Theologen Karl Barth.
  • Später war Falcke fünf Jahre lang als Gemeindepfarrer tätig, danach zehn Jahre als Direktor des Predigerseminars in Gnadau bei Magdeburg.
  • 1973 wurde er zum Propst des Sprengels Erfurt berufen, den er bis zu seinem Ruhestand 1994 leitete.

Auf Konfrontation mit DDR-Organen

Wäre er in der Schweiz geblieben, hätte er wohl ein leichteres Berufsleben gehabt. Doch 1952 entschied sich Heino Falcke für die DDR als Arbeitsort. Als junger Pfarrer predigte er dort gegen die Militarisierung, verurteilte den Wehrkundeunterricht, unterstützte Bausoldaten, begleitete Wehrdienstverweigerer. Über kirchliche Umweltgruppen hielt Heino Falcke schützend seine Hände. Die Konfrontation mit den staatlichen Organen blieb so nicht aus. Seine theologischen Schriften inspirierten Generationen von Pfarrerinnen und Pfarrern. Bewusst entschied sich der Habilitierte für die praktische kirchliche Arbeit. Abwerbeversuche von Universitäten lehnte er ab. "Das Entscheidende passiert in den Kirchen, nicht an den Fakultäten", begründete Falcke diese Haltung einmal. Auch eine politische Karriere wollte er nicht, genauso wenig wie Bischof werden.

Vordenker der friedlichen Revolution

Stattdessen half Falcke in viel beachteten Predigten, Bekenntnisse zu formulieren. Seine Redekunst war brillant. In einem Schlüsselreferat zum Selbstverständnis der DDR-Kirchen prägte Falcke 1972 die Begriffe von "kritischer Solidarität" mit einem "verbesserlichen Sozialismus". Vor der Synode des DDR-Kirchenbundes plädierte er damit für politische Freiheit und gesellschaftliche Mündigkeit und löste so kontroverse innerkirchliche Diskussionen sowie staatlichen Widerstand aus. Auf der sechsten Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen 1983 in Vancouver brachte Falcke den Antrag für die Vorbereitung eines Friedenskonzils ein. 1988/89 war Falcke stellvertretender Vorsitzender der Ökumenischen Versammlung für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung in der DDR. Heino Falcke war einer, vielleicht sogar der theologische Vordenker der Friedlichen Revolution. Seine Predigten brachten die Proteste der Umwelt- und Friedensbewegung auf den Punkt.

Parteien schrieben bei ihm ab

Als in der Hochphase der politischen Wende in der DDR die frisch gegründeten Parteien nach  Konzepten suchten, wurden Falcke formulierte Gedanken zur Basis politischer Beratungen und wurden zum Teil wortwörtlich in Parteiprogramme übernommen. Gedacht als christliche Positionsbestimmung waren sie das Ergebnis eines breiten Diskussionsprozesses verschiedener Kirchen und Gemeinschaften. Falcke hatte die "Ökumenische Versammlung für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung" beharrlich vorangetrieben, weshalb ihn die Staatssicherheit als Staatsfeind einstufte.

„Vorbild des aufrechten Ganges”

Nach der Wende, In den 90er Jahren, gehörte Falcke zu den Initiatoren der »Erfurter Erklärung«, die eine neue, gerechtere Politik in Deutschland forderte. Die ehemalige Landesbischöfin Ilse Junckermann sagte über ihn: „Er war und ist für viele Menschen bis heute ein Vorbild für aufrechten Gang und christliche Freiheit, für unerschrockenes und beharrliches Eintreten für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung. Wir danken Gott für alles, was durch ihn als Vordenker, Mahner und Seelsorger gewirkt hat und wirkt.”