„Rudolstädter Judaica. Synagogale Textilien des 18. Jahrhunderts in der Kleinen Synagoge Erfurt“

21.03.2014 18:00 – 11.05.2014 18:00

Im Rahmen der Sonderausstellung präsentiert die Begegnungsstätte Kleine Synagoge in Kooperation mit dem Thüringer Landesmuseum Heidecksburg wertvolle synagogale Textilien aus den Beständen der „Rudolstädter Judaica“. Nach einer umfassenden Sanierung 2009 wurden die Textilien aus dem Zeitraum vom 18. bis Anfang des 19. Jahrhunderts bisher nur einmal im Rahmen einer Kabinettsausstellung im Thüringer Landesmuseum Heidecksburg gezeigt. Die einzigartige Sammlung an Toramänteln, Toravorhängen, Torawimpeln und Pultdecken stammt aus der damals ansässigen jüdischen Gemeinde in Rudolstadt.

Torawimpel aus der Rudolstädter Judaica-Sammlung, 18. Jahrhundert, mit aufgedruckten Motiven und hebräischer Schrift
Detail eines Torawimpel aus der Sammlung "Rudolstädter Judaica", Leinen farbig bedruckt, 1781, Gesamtgröße 369 x 16 cm, Inv.-Nr. TLMH S 23d. Eltern stiften einen Torawimpel anlässlich der Beschneidung ihres Sohnes. Bild: © Thüringer Landesmuseum Heidecksburg
11.05.2014 18:00

„Rudolstädter Judaica. Synagogale Textilien des 18. Jahrhunderts in der Kleinen Synagoge Erfurt“

Genre Ausstellung
Veranstalter Kleine Synagoge Erfurt
Veranstaltungsort Begegnungsstätte Kleine Synagoge Erfurt, An der Stadtmünze 5, 99084 Erfurt
workTel. +49 361 655-1660+49 361 655-1660 faxFax +49 361 655-1669

Weitere Informationen

Öffnungszeiten:
Di - So 11 - 18 Uhr

Textilien rund um die Tora gehören zu den wichtigen Elementen einer Synagoge

Ein Herr mit roter Krawatte und Brille, rechts im Bild, im Hintergrund zwei Toravorhänge.
Foto: "Die Judaica-Sammlung gehört zu den kulturgeschichtlich wertvollsten Beständen im Thüringer Landesmuseum Heidecksburg", so der Direktor, Dr. Lutz Unbehaun, zur Eröffnung der Ausstellung „Rudolstädter Judaica. Synagogale Textilien des 18. Jahrhunderts" Foto: © Stadtverwaltung Erfurt / J. Ludwig

Für den Gottesdienst und die Befolgung religiöser Pflichten

Textilien rund um die Tora gehören zu den wichtigen Elementen einer Synagoge, die vor allem für den Gottesdienst und die Befolgung religiöser Pflichten von Bedeutung sind. Die im 18. und 19. Jahrhundert in Rudolstadt ansässigen jüdischen Familien statteten den Versammlungsraum ihrer Gemeinde mit prächtigen Stoffen aus. Dass die Sammlung in Erfurt im Betsaal einer Synagoge des 19. Jahrhunderts - quasi in authentischer Atmosphäre - präsentiert werden kann, verspricht ein einzigartiges Ambiente der Sonderausstellung.

Festvortrag zur Rudolstädter Judaica-Sammlung

Die Sonderausstellung wird am 21. März 2014, 18:00 Uhr in der Begegnungsstätte Kleine Synagoge eröffnet. Zur Eröffnung sprachen Tamara Thierbach, Bürgermeisterin, Ines Beese, die Leiterin des Netzwerks „Jüdisches Leben Erfurt“, Dr. Dr. Dietmar Görgmaier, Vorsitzender des Fördervereins Alte & Kleine Synagoge und Dr. Michael Grisko, Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen. Dr. Lutz Unbehaun, der Direktor des Landesmuseums Schloss Heidecksburg, hielt einen Festvortrag zur Rudolstädter Judaica-Sammlung.

Zwei Frauen, rechts im Hintergrund, blicken auf eine Vitrine, die im Vordergrund des Bildes ist. Links und in der Bildmitte zwei in Rot- und Gelb- bzw. Goldtönen gehaltene Toravorhänge.
Foto: Spannend: Die Ausstellung „Rudolstädter Judaica. Synagogale Textilien des 18. Jahrhunderts in der Kleinen Synagoge Erfurt“ informiert über eine deutschlandweit einzigartige Sammlung Foto: © Stadtverwaltung Erfurt / J. Ludwig

Spannendes Begleitprogramm

Während des Ausstellungszeitraums bietet das Netzwerk "Jüdisches Leben Erfurt" ein spannendes Begleitprogramm an, so zum Beispiel eine Führung mit Dr. Lutz Unbehaun, dem Direktor der Rudolstädter Heidecksburg sowie mit Christiane Schill, die für die Restaurierung der synagogalen Textilien zuständig gewesen ist. Höhepunkt des Begleitprogramms ist der öffentliche Schabbat-Gottesdienst, der am 10. Mai 2014 unter dem Motto "Ein moderner Wimpl zu Gast in Erfurt" unter Leitung des Chasan Jalda Rebling im Betsaal der Kleinen Synagoge stattfinden wird.


Donnerstag, 27.03.2014, 17:00 Uhr
Führung durch die Sonderausstellung mit Dr. Lutz Unbehaun, Direktor der Heidecksburg Rudolstadt

Sonntag, 06.04.2014, 11:00 Uhr und 17:00 Uhr
Führung durch die Sonderausstellung mit Julia Roos, Netzwerk "Jüdisches Leben Erfurt"

Donnerstag, 10.04.2014, 17:00 Uhr
Führung durch die Sonderausstellung mit Dr. Lutz Unbehaun, Direktor der Heidecksburg Rudolstadt

Donnerstag, 24.04.2014, 17:00 Uhr
Führung durch die Sonderausstellung mit Julia Roos, Netzwerk "Jüdisches Leben Erfurt"

Sonntag, 27.04.2014, 11:00 Uhr
Führung durch die Sonderausstellung mit Julia Roos, Netzwerk "Jüdisches Leben Erfurt"

Samstag, 10.05.2014, 16:00 Uhr
Öffentlicher Schabbat-Gottesdienst "Ein moderner Wimpl zu Gast in Erfurt" unter Leitung des Chasan Jalda Rebling

Sonntag, 11.05.2014, 17:00 Uhr
Finissage
Führung durch die Sonderausstellung mit Christiane Schill, Restauratorin

Karminroter Seidentaft-Parochet und Bändelwerk nach dem Muster des 70 n.Chr. zerstörten Tempels.
Foto: Parochet, auch Toravorhang, Seidentaft mit Bandornamentik, um 1800 (Inv. Nr. S 26). Die hebräische Bezeichnung Parochet wurde von der Benennung des Jerusalemer Tempels übernommen. Foto: © Ulrich Fischer

Die Geschichte der Rudolstädter Judaica-Sammlung

Die Judaica-Sammlung gehört zu den kulturgeschichtlich wertvollsten Beständen im Thüringer Landesmuseum Heidecksburg. Über 35 Objekte aus dem 18. Jahrhundert, darunter 15 einzigartige synagogale Textilien, zahlreiche Bücher, zwei Torarollen, vier Gebetstafeln und einige Handschriften, zeugen vom religiösen Leben der kleinen jüdischen Gemeinde in Rudolstadt.

Obwohl in Rudolstadt erstmals im Jahre 1349 Juden erwähnt werden, haben sich aus dieser frühen Zeit keine materiellen Zeugnisse erhalten. Dass es in den folgenden drei Jahrhunderten zu keiner nennenswerten Ansiedlung jüdischer Familien in dieser Region kam, lag an den Judenvertreibungen des späten Mittelalters.

Erst im ausgehenden 17. und beginnenden 18. Jahrhundert bildete sich in Rudolstadt wieder eine jüdische Gemeinde heraus. Deren Gründung geht wahrscheinlich auf zwei aus Dessau stammende Juden zurück. Sie erhielten 1784 von Erbprinz Friedrich Karl von Schwarzburg- Rudolstadt eine Handelskonzession für die schwarzburgische Oberherrschaft und konnten als Kaufleute frei agieren. Schließlich wurde die jüdische Gemeinde von Fürst Ludwig Friedrich II. von Schwarzburg–Rudolstadt im Jahre 1796 als gleichberechtigte Religionsgemeinschaft anerkannt.

Nunmehr durften die in Rudolstadt lebenden jüdischen Familien ganz offiziell einen Bet- und Versammlungsraum einrichten. Als sich die jüdische Gemeinde nach 1870 wegen der geringen Mitgliederzahl auflöste, übernahm die Familie Callmann die Einrichtung des Synagogenraumes. Nach dem Tod von Hildegard Callmann im Oktober 1911 stifteten deren Erben sämtliche Gegenstände der städtischen Altertumssammlung in Rudolstadt. Mit dem Ende des Ersten Weltkrieges gelangten die Stücke auf die Heidecksburg, wo sie während der Zeit des Nationalsozialismus sicher verwahrt werden konnten.

Auf einem Pult eine rot umrandete Decke, darauf die Torarolle, die in einer beigen Hülle liegt.
Foto: Torarolle im Toramantel (Seide, Metallfadenborte, Leinenfutter, Inv. Nr. S 22b) auf Pultdecke (Seidensamt, boschierte Seide, Leinenfutter, Inv. Nr. S 29) Foto: © Ulrich Fischer

Sammlung war nicht mehr im öffentlichen Bewusstsein

Als Bestand im Magazin des Schlosses Heidecksburg war die Sammlung nach 1945 nicht mehr im öffentlichen Bewusstsein. Erst Anfang der 1980er Jahre erfasste der damalige Direktor Alfred Koch die Judaica-Sammlung und beschrieb die einzelnen Objekte.

Der fachliche Austausch über diesen Bestand war jedoch erst nach der friedlichen Revolution von 1989 möglich geworden. 1993 gab der jüdische Historiker Michael Schneeberger den Anstoß für die weitere wissenschaftliche Beschäftigung mit dieser wertvollen Sammlung. In einer Kabinett­ausstellung der Heidecksburg wurde erstmals eine Auswahl von Objekten der Rudolstädter Judaica-Sammlung vorgestellt.

Wegen ihrer Seltenheit ist den synagogalen Textilien besondere Aufmerksamkeit gewidmet worden. Durch Unterstützung des Freistaates Thüringen, des Landkreises und der Kreissparkasse Saalfeld-Rudolstadt konnten diese Textilien im Jahr 2009 durch Frau Christiane Schill restauriert werden. In der Begegnungsstät­te Kleine Synagoge können die restaurierten Textilien nun erstmalig außerhalb Rudolstadts der Öffentlichkeit gezeigt werden.

Die Sonderausstellung „Rudolstädter Judaica. Synagogale Textilien des 18. Jahrhunderts in der Kleinen Synagoge Erfurt“ wird vom 22. März 2014 bis einschließlich 11. Mai 2014 in der Begegnungsstätte Kleine Synagoge, An der Stadtmünze 4-5 zu sehen sein.

Katalog „Rudolstädter Judaica. Zeugnisse jüdischen Lebens aus dem 18. und 19. Jahrhundert“

Während der Sonderausstellung kann am Empfang der Begegnungsstätte Kleine Synagoge der Katalog „Rudolstädter Judaica. Zeugnisse jüdischen Lebens aus dem 18. und 19. Jahrhundert“ erworben werden. Darin werden die Formen, Funktionen und Bedeutungen der synagogalen Textilien sowie ihre restauratorische Bearbeitung genau beschrieben. Auch die Geschichte der jüdischen Gemeinde im Schwarzburg-Rudolstädtischen wird vorgestellt. Der Katalog kostet 20,00 Euro.