Uta Zaumseil – Nachtflüge. Farbholzschnitte

27.02.2022 10:00 – 24.04.2022 18:00

Die Ausstellung präsentiert Farbholzschnitte von Uta Zaumseil (geb. 1962), welche auf Einladung der Künstlerin mit Werken der Künstler Peter Mell und Oskar Zaumseil ergänzt werden. Die Ausstellung wird am 26. Februar um 16 Uhr im Foyer des Angermuseums eröffnet.

Collage mit einer liegenden lesenden Person vor dunklem Hintergrund
Uta Zaumseil, Nachtflug, 2018, Linolschnitt Bild: © VG Bild-Kunst 2021
24.04.2022 18:00

Uta Zaumseil – Nachtflüge. Farbholzschnitte

Genre Ausstellung
Veranstalter Stadtverwaltung Erfurt, Angermuseum Erfurt
Veranstaltungsort Angermuseum Erfurt, Anger 18, 99084 Erfurt
workTel. +49 361 655-1651+49 361 655-1651 faxFax +49 361 655-1659

Zur Künstlerin

Die Künstlerin Uta Zaumseil verkörpert wie kaum eine andere die Suche nach zeitgemäßen Ausdrucksformen in der Technik des Farbholzschnittes und des Farblinolschnittes. Dafür ist sie weit über die Region hinaus bekannt, wird mit Preisen geehrt und zu Studienaufenthalten eingeladen. Dass ihre Werke eher langsam entstehen, liegt an der Größe der Formate und dem komplizierten Einsatz von bis zu 50 Farben, die in malerischen Verläufen halbtransparent jeweils von nur einem Druckstock gedruckt werden. Dabei arbeitet sie mit dem Verfahren der verlorenen Platte, bei dem nach jedem Druckvorgang Teile der gedruckten Fläche vom Stock weggenommen werden, so dass dieser schließlich aufgezehrt wird. Fotografisch gewonnene „Momente des Erlebens im Alltag, besondere Beobachtungen und damit verbundene Stimmungen im Kontrast meines Lebens zwischen Stadt und Land, meinem Wohnort in Mehla (Thüringen) und Berlin, wo ich viele Inspirationen finde“, übersetzt die Künstlerin detailreich ins Medium des Hochdrucks, ordnet sie collageartig, aber zugleich der fotografischen Perspektive auf die Welt folgend, auf der Fläche an.

In Mehla hat sie gemeinsam mit dem Künstler Peter Mell ein altes Schulgebäude in ein Atelier- und Wohnhaus umgebaut. Oft ist sie in Berlin, wo ihr Sohn Kunst studiert hat und lebt, um Galerien, Ausstellungen und ihn zu besuchen. Das Kontrastprogramm zwischen pulsierender Metropole und stiller Provinz erzeugt Überblendungen im Erleben, die Uta Zaumseil künstlerisch fruchtbar macht. Nun hat sie beide eingeladen, sich mit eigenen Werken an ihrer Erfurter Ausstellung zu beteiligen.

Anders als bei traditionellen Fotodrucktechniken wie der Heliogravüre oder dem Fotosiebdruck werden die fotografisch gewonnenen Motive nicht optisch, chemisch oder mechanisch auf Druckplatten übertragen, sondern manuell, indem Uta Zaumseil deren komplexe visuelle Struktur radikal vereinfacht – figürlich, räumlich, farblich – und dabei teils auch neu erfindet, um sie für den Hochdruck kompatibel zu machen. Nicht Fotos als Ganzes, sondern einzelne Motive aus Fotos lässt sie auf den Druckstöcken neu entstehen, die wiederum im Zusammenspiel mit anderen Druckstöcken und ihren Motiven jeweils größere Kompositionen ergeben, auch ganze Werkgruppen, in denen die Künstlerin die Anordnung der Motiv-Druckstöcke verändert und ihre Bildideen variiert. In zahlreichen Varianten werden die Druckstöcke eingefärbt und auf Japanpapieren abgedruckt, ohne Maschinen, sondern mit den eigenen Händen und Füßen. So entstehen malerische Kompositionen mit weichen Übergängen und delikaten Farbnuancen, die vergessen lassen, dass es sich bei diesen Bildern um Farbholz- und Farblinolschnitte handelt.

Hier ein Interieur, ein Blick aus dem Fenster, eine Person, Tiere, eine bauliche Struktur, Reflexe in Fenstergläsern oder auf der Oberfläche eines Gewässers, der rhythmische Faltenwurf eines Vorhangs oder einer Folie, dort eine Gruppe junger Leute in Rückansicht, Silhouetten von Menschen, Häusern, Bäumen, der lebendige Wechsel von Licht und Schatten, Materialien und Strukturen. Das künstlerische Ich begegnet der Welt beobachtend, betrachtend, nicht selten kontemplativ in eine Tätigkeit vertieft. Es ist ein romantisches Ich, innerlich lebend, das sich nach Begegnungen sehnt, doch auf Distanz bleibt und eine Welt, kaleidoskopisch in zahlreiche Welten zerfallen, Innen- und Außenwelten, urbane und naturbezogene, handgreifliche und virtuelle. Alles ist immer wieder anders als erwartet.

In Uta Zaumseils Kunst gehen Beobachtung, Imagination und Traum ständig ineinander über. Die Welt zeigt sich im Modus vieler Welten: plural, in steter Bewegung, in verschiedensten Blickwinkeln erscheinend und Erzählperspektiven gedeutet. Die künstlerische Komposition wirkt vor diesem Hintergrund wie ein geschicktes Mittel, die unübersichtliche Vielfalt der Erscheinungen und ihres subjektiven Erlebens jeweils neu zu einer möglichen Einheit zusammenzufügen – einer Einheit, die von den Betrachtern als harmonisch, als schön erlebt werden kann, als den künstlerischen Reflex eines gelingenden Lebens.