Entwicklungsstudie Fernwärmenetz Erfurt

Leitfaden zur Fernwärmenetzentwicklung der SWE Energie GmbH bis 2040

Grafik: Übersicht Fernwärmenetz (Heißwasser) Erfurt, Primärnetz in Blau und Sekundärnetze in Magenta Grafik: © SWE Energie GmbH

Die SWE Energie GmbH sieht sich als wichtigen lokalen Akteur zur Umsetzung der ambitionierten klimapolitischen Zielstellungen vor Ort. Das „Erfurter Energiemodell“ ist dabei der Handlungsrahmen für den künftigen Ausbau der Erzeugung und Verteilung der Wärme in Erfurt.

Dabei spielt das Fernwärmenetz als Integrationsplattform für hocheffiziente KWK, erneuerbare Wärmeerzeuger und Sektorenkopplungstechnologien eine entscheidende Rolle. Deshalb ist es erforderlich, das Netz an die künftigen Anforderungen so anzupassen, dass folgende Ziele erreicht werden können:

  • Senkung und Optimierung des Netztemperaturniveaus (Vorlauf und Rücklauf)
  • Möglichkeiten standortbedingter Einspeisung regenerativer Energiequellen
  • Möglichkeiten standortbedingter Versorgung aus dem Rücklauf
  • Möglichkeiten der intelligenten Steuerung des Netzes und aller Komponenten

Deshalb hat die SWE Energie GmbH die GEF Leimen mit der Erstellung einer Studie beauftragt, die sich im Schwerpunkt mit den Möglichkeiten der Temperaturabsenkung im Fernwärmenetz befasst.

Am Beispiel eines Referenz-Gebäudes (5-stöckiger Plattenbau, Baujahr 1980 mit einer Gebäudesanierung im Jahr 2000) wurden die Möglichkeiten zur Rücklauftemperatur-Absenkung untersucht. Für ein solches Gebäude mit der typischen Gebäudetechnik sind derzeit Rücklauftemperaturen im Fernwärmenetz (Primärseite aus Sicht der Hausanlage) zwischen ca. 68 °C (Winter) und bis zu 65 °C (Sommer im Zirkulationsbetrieb) vorhanden.

Durch Maßnahmen wie Hydraulischer Abgleich, den Austausch von Pumpen und 3-Wege-Ventilen, dem Einbau von Strangregulierventilen und voreinstellbarer Thermostatventile (falls noch nicht vorhanden) sowie der der Verwendung von zweistufigen Speicherladesystemen und von Wärmeübertragern mit niedriger Grädigkeit können für das Referenzgebäude Rücklauftemperaturen zwischen ca. 48 °C (Winter) und bis zu 63 °C (Sommer im Zirkulationsbetrieb) erreicht werden. Bei hohen Anteilen an Heizbetrieb kann demnach eine Rücklauftemperatur-Absenkung von bis zu 20 K erreicht werden.

Überträgt man diese Ergebnisse auf das Fernwärmenetz, so kann aufgrund der Rücklauftemperaturabsenkung die maximal Vorlauftemperatur bis 2040 am Austritt HKW von heute 128 °C (Winter) und 110 °C (Sommer) auf eine ganzjährig konstante Vorlauftemperatur von 110 °C (Anforderungen der Malzwerke) abgesenkt werden. Zusätzlich kann die Vorlauftemperatur an den Beimischstationen auf bis zu 95 °C für große Teile des Primärnetzes abgesenkt werden.

Nebeneffekt: Insgesamt können dadurch Wärmeverluste in Höhe von ca. 6.500 MWh/a eingespart werden.

Weiter wurde ermittelt, dass bei Neuanlagen durch Auswahl einer möglichst niedrigen Auslegungstemperatur für das Heizsystem, den Einsatz von Flächenheizsystemen (sofern möglich) und den Einsatz von Durchflusssystemen für die Warmwasserbereitung Rücklauftemperaturen von bis zu ca. 30 °C bzw. ca. 37 °C bei Einsatz von zentralem Durchflusssystem (Winter) und ca. 30 °C bis 46 °C (Sommer) erreichbar sein können.

Darüber hinaus sind auch hydraulische Berechnungen angestellt worden, die Netzabschnitte ausweisen, bei denen auch eine Versorgung aus dem FW-Rücklauf möglich sein könnte. Dies ist insbesondere für den Anschluss neuer Niedertemperatur-Netzabschnitte (z. B. den Anschluss neuer Stadtquartiere) interessant.

Grundlage jeglichen Handelns sind jedoch zunächst wesentlich detailliertere Informationen zum aktuellen Zustand der Hausanschlussstationen. Das bedeutet, es müssen die Daten der jeweiligen Zähler und Regler per Fernübertragung zyklisch ausgelesen und ausgewertet werden. Denn gerade das Erkennen von Rücklauftemperaturüberschreitungen ist eine erste wichtige Indikation.

Dazu ist ein entsprechendes Ausrüsten der Stationen, die Datenübertragung und -analyse als vorgeschaltete Maßnahme für die Temperatursenkungsmaßnahmen erforderlich.

Viele der Hausanschlussstationen sind auch im Kundeneigentum. Weil einige wichtige Maßnahmen (Stichwort: hydraulischer Abgleich) an der Kundenanlage durchgeführt werden müssen, kann das ganze Projekt zur Temperatursenkung nur gemeinsam zwischen der SWE Energie GmbH und den Eigentümern der Gebäude gestemmt werden.

Eine wichtige Erkenntnis der Studie ist es deshalb, dass die Senkung des Temperaturniveaus des Fernwärmenetzes eine gemeinschaftliche Mammutaufgabe darstellen wird. Die Umsetzung der Maßnahmen, insbesondere der Umbaumaßnahmen im Bestand, erfordert einen relativ langen Zeithorizont von mindestens 10 - 15 Jahren und einen entsprechenden organisatorischen Vorlauf.

Die Reduzierung der Rücklauftemperaturen im Fernwärmenetz Erfurt ist aber für die künftige stärkere Einbindung erneuerbarer Energien mehr oder weniger zwingend erforderlich.

Finanzierung der Entwicklungsstudie Fernwärmenetz

Kosten der Studie: 60.000 €

zuwendungsfähige Gesamtkosten: 30.000 €

EFRE-Finanzhilfen: 24.000 €

Projektstand:

Erstellung der Studie ist abgeschlossen