OB appelliert: „Vermietet nicht an Neonazis!“

21.08.2020 09:45

Oberbürgermeister Andreas Bausewein fordert die Erfurter Vermieter dazu auf, genau hinzuschauen, an wen sie Clubräume vermieten.

Stelle eines „Demokratie-Koordinators“ soll geschaffen werden

Fünf Politiker sitzen vor acht Fotografen
Foto: Großes Medieninteresse bei der gemeinsamen Pressekonferenz von Stadt und Innenministerium am Herrenberg. „Klare Kante gegen Rechtsextremisten“ forderten alle Teilnehmer: Polizeichef Jürgen Loyen, Oberbürgermeister Andreas Bausewein, Innenminister Georg Maier, Landtagsabgeordneter André Blechschmidt und Steffen Präger vom Plattform e. V. (von links) Foto: © Stadtverwaltung Erfurt

„Es kann sein, dass Strohmänner oder Strohfrauen im Stadtgebiet versuchen, Räumlichkeiten für Neonazis anzumieten. Das müssen wir unbedingt verhindern“, sagte er bei einem Treffen mit Thüringens Innenminister Georg Maier. Anfang August war es am Herrenberg zu einem fremdenfeindlichen Übergriff auf drei Männer aus Guinea gekommen, bei dem einer schwer und ein anderer leicht verletzt wurde. Polizei und Staatsanwaltschaft verdächtigen zwölf Personen aus dem Umfeld des Neonazivereins „Neue Stärke Erfurt“, der nach einem Urteil des Erfurter Amtsgerichts sein Domizil in der Tungerstraße Ende September endgültig verlassen muss. Nun sind die Mitglieder auf der Suche nach einer neuen Unterkunft, die mindestens so groß ist, dass sie einen Boxring aufnehmen kann. Das bestätigte auch Innenminister Maier und sagte: „Wir zeigen klare Kante gegen Rechtsextremisten.“

Beide Politiker hatten sich nach dem Überfall im Stadtteilzentrum am Herrenberg (STZ) mit demokratischen Akteuren getroffen. Sozialarbeiterinnen und Anwohner erzählten ihnen, wie sie sich von den Rechten in der Nachbarschaft seit Jahren bedrängt und terrorisiert fühlen. „Wir wissen, wo Du wohnst“, sei am Herrenberg eine der typischen Botschaften an jene, die sich gegen rechte Umtriebe stellen. Die Akteure fordern mehr Präventionsarbeit und politische Bildung. In den Schulen des Wohngebiets müsse mehr Aufklärung geleistet werden, damit Kinder und Jugendliche nicht dem rechtem Gedankengut anheimfallen. Dafür brauche es eine neue Personalstelle im Viertel, die sich ausschließlich darum kümmere. Im STZ und im Quartiersmanagement könnte diese Arbeit nur unzureichend nebenbei laufen.

Der Vorschlag, eine Art „Demokratie-Koordinators“ zu schaffen, sei ein sehr guter, meinte Oberbürgermeister Bausewein. Man werde darüber in den nächsten Wochen sprechen und sehen, wie eine solche Personalstelle geschaffen werden kann. Zusätzlich versprach der OB die zeitnahe Gründung eines Netzwerkes gegen Rechts und verwies auch darauf, dass die Stadtverwaltung bereits einiges unternommen habe, um die Situation im Südosten Erfurts zu verbessern. So würde die Stadt die Jugendhäuser Drosselberg, Musikfabrik, Wiesenhügel sowie das STZ fördern. Rund 30 Projekte hätten außerdem in den letzten sechs Jahren städtische Zuschüsse erhalten. Es gebe zahlreiche Demokratiebildungs- und Fortbildungsangebote für Akteure der Jugendhilfe sowie eine aktive Stadtteilkonferenz. Der ehemals rechte Treffpunkt Kammwegklause wurde von der Stadt für soziale Zwecke angemietet, und für das Objekt Tungerstraße wird ein Nutzungskonzept für eine multifunktionale Nutzung erarbeitet. „Wir tun sehr viel, aber wenn sich einmal eine rechte Meinung in den Köpfen verfestigt hat, dann ist es sehr schwer, sie da wieder rauszukriegen“, so Erfurts Oberbürgermeister.