Die Entwicklung des Erfurter Theaters ab 2009

29.06.2006 00:00

Mit dem Abschluss der Verträge des Freistaates Thüringen im Jahr 2002 zur anteiligen Finanzierung der Theater und Orchester in Thüringen, wurde die Grundlage für eine landesseitig gesicherte Bezuschussung geschaffen, die es ermöglichte, zunächst von einer gewissen Sicherheit bei der Planung der Theatervorhaben auszugehen.

Da dieser Vertrag allerdings am 31.12.2008 ausläuft, muss bis Ende des Jahres 2006 Klarheit über die künftige inhaltliche Ausrichtung des Erfurter Theaters erreicht werden. In Vorbereitung der zu erwartenden Verhandlungen mit dem Freistaat Thüringen, haben sich die Verantwortlichen in Erfurt über die weitere Entwicklung des THEATER ERFURT, einschließlich des Philharmonischen Orchesters Erfurt, sowie zur Entwicklung des Puppentheaters verständigt.

Aus Sicht der Stadt Erfurt sind Korrekturen in der bisherigen anteiligen Finanzierung des Theaters in Erfurt notwendig. Ein Vergleich der prozentualen Förderung der Theater in Thüringen zeigt deutlich, dass das THEATER ERFURT anteilig am geringsten durch das Land gefördert wird. Um die nachfolgend genannten Schwerpunkte abzusichern und zu realisieren benötigt Erfurt eine Mitförderung des Freistaates zu 50 Prozent.

Den Schwerpunkt in der künstlerischen Entwicklung des Theater Erfurt bildet weiterhin das Musiktheater. Für die mit eigenen Kräften auf hohem Niveau erarbeiteten Inszenierungen steht ein junges ambitioniertes Sängerensemble, das Philharmonische Orchester und der Opernchor zur Verfügung. Hochkarätige Gesangssolisten, Regisseure und Ausstatter, die sich international bewährt haben, werden zu ausgewählten Inszenierungen verpflichtet und setzen künstlerische Highlights. Mit der Weltpremiere des Bühnenwerkes "Waiting for the Barbarians" von Philip Glass gelang beispielsweise der für das Theater Erfurt so wichtige internationale Durchbruch. An diese, sowohl für das Image des Theater Erfurt als auch für die Landeshauptstadt Thüringens ungemein wertvolle Entwicklung muss angeknüpft werden, d. h. die Konzentration auf die Sparte Musiktheater und tangierende Bereiche muss mit höchstem künstlerischen Anspruch beibehalten werden.

Um den bisher eingeschlagenen Weg erfolgreich fortzusetzen und eine weitere künstlerische Vervollkommnung des Musiktheaters und der Sinfoniekonzerte zu erreichen, ist eine deutliche Aufstockung des Philharmonischen Orchesters Erfurt mit ca. 20 Musikerplanstellen notwendig. In diesem Zusammenhang ist der Hinweis wichtig, dass in Vorbereitung einer Anfang der 90-er Jahre geplanten Fusion mit dem in Gotha ansässigen Sinfonieorchester, die Stadt Erfurt als Vorleistung 21 Planstellen abbauen musste. Da sich die Dinge anschließend in eine andere Richtung entwickelten, verfügt das Philharmonische Orchester Erfurt seitdem nur noch über 59 Planstellen - in Verbindung mit der Neuorientierung des Theaters und dem hohen künstlerischen Anspruch ein untragbarer Zustand. Wenn es möglich wird, das Orchester aufzustocken, ist Erfurt bereit, die Region konzertant zu bespielen.

Eine Stärkung des Philharmonischen Orchesters Erfurt kann aber nur auf der Basis struktureller Veränderungen in der Thüringer Orchesterlandschaft realisiert werden. Die Absicherung der konzertanten Tätigkeit in der Region könnte also durch ein aufgestocktes Philharmonisches Orchester Erfurt erfolgen. Negativ wirkt sich bislang auch das Fehlen eines angemessenen Ballettensembles aus. So sind in Opern- und Operetteninszenierungen in Ermangelung professioneller Tänzer und Tänzerinnen Streichungen notwendig, die den künstlerischen Gesamteindruck deutlich schmälern. Von daher wäre es sehr förderlich, die Erweiterung des Theaterensembles mit einem Ballettensemble von ca. 13 Planstellen anzugehen.

Darüber hinaus wird generell eine verstärkte Kooperation mit allen Thüringer Theatern und freien Trägern, hierbei sei auch das Deutsche Nationaltheater Weimar deutlich genannt, angestrebt. So könnte u. a. auch eine Erhöhung aller Sprechtheater-Gastspiele in Erfurt auf ca. 25 bis 30 Aufführungen pro Spielzeit möglich werden.

Die DomStufen-Festspiele sind darüber hinaus aus Erfurt nicht mehr wegzudenken und nehmen zur Aufwertung der kulturellen Ausstrahlung Thüringens überregional einen gehobenen Stellenwert ein. Angesichts des aus wirtschaftlichen Gründen stagnierenden Sponsorings, aber weiter steigender Kosten, wird es auch hier notwendig werden, beim Freistaat eine jährliche separate Bezuschussung dieses Ereignisses, analog der Förderung des Kunstfestes in Weimar, zu beantragen.

Notwendig ist zudem die Betrachtung der herausgehobenen Stellung des Puppentheaters Waidspeicher, die zurecht eine 50-prozentige Förderung durch den Freistaat Thüringen erhält. Das Theater Waidspeicher zählt zu den bestausgelasteten Kulturstätten in Erfurt und hat sich durch erstklassige Inszenierungen nationale und internationale Anerkennung erworben. Seit 1992 ist Erfurt mit dem Internationalen Puppentheaterfestival "Synergura" Festivalort für die Begegnung der verschiedenen Ausdrucksformen der Puppenspielkunst. Die Landeshauptstadt steht fest zu seinem Puppentheater und wird den städtischen Förderanteil beibehalten. Die Verantwortlichen gehen davon aus, dass das Land Thüringen künftig ebenso verfährt.

Erfurt braucht als politisches Zentrum und größte Kommune des Landes ein angemessenes attraktives Kulturangebot, innerhalb dessen ein qualitativ hochrangiges Theater- und Konzertangebot an vorderster Stelle steht. Angesichts der in der Kulturkonzeption des Landes Thüringen getroffenen Aussage, dass sich Erfurt und Weimar immer mehr zu dem kulturellen Zentrum Thüringens entwickeln und die Förderung dieses Zentrums auch weiterhin einen Schwerpunkt der Landesförderung darstellt, ist es wichtig, auf die Erfurter Position in den Überlegungen des Landes zur weiteren Gestaltung der Thüringer Theater- und Orchesterlandschaft und auf die Anerkennung des in Erfurt erreichten künstlerischen Niveaus einschließlich des vorhandenen Entwicklungspotenzials hinzuweisen. Erfurt steht fest hinter seinem Theater und seinem Philharmonischen Orchester und dem Erhalt der Eigenständigkeit. Eine Fusion mit dem Deutschen Nationaltheater Weimar wird definitiv ausgeschlossen.