"Tiere aus der Ferne" - Abschlussausstellung der Erfurter Stadtgoldschmiedin 2007

16.07.2007 00:00

Es ist schwierig, so einem Projekt einen Namen zu geben. Mit der Hilfe einer Freundin kam die erst seit einigen Jahren in München lebende Australierin Helen Britton auf den Titel. Er beschreibt nicht nur ihre Arbeiten, er schließt sie selbst mit ein: Aufgewachsen mit einer kleinen Sammlung an Glastieren und Glasweihnachtsbaumschmuck, die aus Europa den weiten Weg in die neue Welt gefunden haben, war ihr damals bereits klar, dass diese Schätze von ganz woanders herkamen. Sie waren exotisch und märchenhaft. Sie verkörperten für Helen Britton das alte Europa.

Jetzt ist sie hier, seit über zwei Monaten, ein romantischer "Neue Welt-Mensch", selbst ein "Tier aus der Ferne", mit einer romantischen Idee, und in der Ausstellung, die am 25. Juli um 19 Uhr im "Alten Archiv" des Erfurter Rathauses eröffnet wird, erzählt sie, was während ihres dreimonatigen Arbeitsaufenthaltes als Erfurter Stadtgoldschmiedin 2007 aus dieser Idee wurde.
Hier in Thüringen begegnete sie unter anderem Geschichten, die auch von Tragik, Verlust, Entwertung und gewaltigen Veränderungen erzählen, die sie auch berührten, aber nicht ihre Geschichten sind. Ihre romantischen Vorstellungen sieht sie trotzdem bestätigt. Die ursprünglichen Gefühle, die sie mit diesen Glasteilen verbindet, die Urbilder und ihre eigenartige, auch unheimliche Kraft wollte sie sichtbar machen - in ihrer ganz individuellen Sichtweise.

Was wertvoll ist, was exotisch heißt, was geschätzt wird, ist immer eine Frage des Standpunkts. Hergekommen aus einer anderen Welt, mit ihrer dadurch geprägten Perspektive des "Tiers aus der Ferne", sind auch wieder Tiere ihr Medium geworden, was ungewöhnlich ist im Vergleich zu ihrem bisherigen Schaffen. Glastiere, nach ihren Entwürfen gefertigt vom Lauschaer Glasmeister Helmut Greiner-Petter, sind unter ihren Händen zu überraschendem neuem (Schmuck-)Leben erwacht.
Eingeflossen sind hierbei sowohl Eindrücke aus Erfurt als auch Erfahrungen, die sie durch zahlreiche Besuche in den Glaswerkstätten von Lauscha machen konnte - intensive menschliche Kontakte inklusive, die sie nicht vergessen wird. Leitmotiv ist dabei ein märchenhafter Vogel in der blauen Sehnsuchtsfarbe der Romantik, wie sie durch die Literatur von Novalis und Maeterlinck in unser Bewusstsein getragen wurde, kostbar gebettet in ein Nest aus dunklem Metall und glitzernden Diamanten.

Die neuen, in der Goldschmiedewerkstatt der Erfurter Künstlerwerkstätten entstandenen Stücke werden in der Ausstellung Fotoimpressionen und Zeichnungen, aber auch Arbeiten aus ihrem bisherigen, international präsenten Schaffen gegenübergestellt.
Und es geht weiter, nicht nur weil Helen Britton gesetzte Teilnehmerin des Erfurter Schmucksymposiums 2008 sein und dieses sogar mit vorbereiten wird, sondern weil sie an diesem Projekt noch weiter arbeiten will, so dass man vielleicht auf eine Ausstellung der endgültigen Resultate in einigen Jahren hier in Erfurt schon gespannt sein darf. Denn: "Es geht mir nicht nur um die Zeit von drei Monaten als Erfurter Stadtgoldschmiedin. Diese Erfahrung ist für mich prägend, als ein Baustein in meinem Gesamtwerk."

Den Erfurtern steht eine spannende Begegnung bevor mit einer interessanten Künstlerpersönlichkeit, die nicht zuletzt auch ihren Gefühlen für unsere Stadt und das Land Thüringen in ihrem Werk deutlich spürbaren Ausdruck verliehen hat.
Wer noch mehr wissen möchte, ist außerdem herzlich zu einem Vortrag von Helen Britton mit Bildprojektionen am 27. Juli um 18:30 Uhr in der Ausstellung eingeladen.