Lesung mit dem ungarischen Schriftsteller György Dalos

12.04.2013 12:44

Am 16. April 2013, dem ungarischen Holocaust-Gedenktag, liest der Schriftsteller György Dalos um 19.30 Uhr im Erinnerungsort Topf & Söhne am Sorbenweg 7 aus seinem Roman „Der Fall des Ökonomen“. Dalos thematisiert im Buch den Umgang mit der Erinnerung an den Holocaust in Ungarn und seine persönliche Geschichte als Sohn eines jüdischen Überlebenden.

Ein Herr mit Vollbart im gelb, organge, grau und weiß gestreiften Hemd.
Foto: Der Schriftsteller, Publizist und Historiker György Dalos Foto: © Ron Marzok

Im Budapest der Gegenwart stellt sich für den Protagonisten des Romans Gábor Kolozs die Existenzfrage. Nach dem Scheitern der ungarischen Reformbestrebungen 1968 wird er als Dissident diffamiert. Nach dem Zusammenbruch der staatssozialistischen Systeme 1989 in Ost- und Mitteleuropa hat er vorübergehend beruflichen Erfolg, der jedoch nicht von Dauer ist. Die wirtschaftlichen Zwänge seiner vom Rhythmus des Marktes geprägten Existenz bringen ihn schließlich am Grab seines Vaters, der den Holocaust überlebte, zu einer perfiden Kalkulation. Um sich finanziell über Wasser zu halten, muss er den Tod des Vaters verschweigen – und für den Toten die monatliche Wiedergutmachung einstreichen. Der Schwindel droht aufzufliegen, als die Presse den 100. Geburtstag des „letzten Überlebenden“ am 23. Dezember 2006 feiern möchte.

György Dalos ist mit seinem aktuellen Roman eine eindrucksvolle Parabel auf eine Gesellschaft gelungen, in der die Menschlichkeit eine wohlkalkulierte Ware geworden scheint und kaum Zeit bleibt für die Rückbesinnung auf die eigentlichen Werte des Lebens.

Der Schriftsteller, Publizist und Historiker wurde 1943 in Budapest geboren und wuchs bei seiner Großmutter auf, da sein Vater 1945 an den Folgen der Deportation in einem Arbeitslager starb. Er studierte Geschichte in Moskau. 1968 wurde er wegen "maoistischer Umtriebe" zu sieben Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Er bekam als Publizist Berufsverbot und konnte nur noch als Übersetzer arbeiten. 1977 war er an der Gründung der demokratischen Oppositionsbewegung in Ungarn beteiligt. 2010 erhielt er den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung. Seine Bücher wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt.

Die Lesung ist Teil einer Veranstaltungsreihe der Landeszentrale für politische Bildung in Thüringen und des Thüringer Literaturrates e.V. anlässlich des 80. Jahrestages der Bücherverbrennung. Sie findet mit freundlicher Unterstützung des Thüringer Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur und der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen statt.

Der Eintritt ist frei, Spenden sind willkommen.