Ruanda: Der Völkermord und die Rolle der Kirchen. Kirchen als Zufluchtsorte? Podiumsdiskussion im Erinnerungsort Topf & Söhne

21.05.2013 16:31

Es ist bereits Tradition, dass der Erinnerungsort Topf & Söhne einmal im Jahr eine Informations- und Diskussionsveranstaltung zum Genozid in Ruanda anbietet. Die Veranstaltungen finden immer innerhalb der 100 Tage des Gedenkens statt , die an die Zeit der "mörderischen 100 Tage" erinnert, in denen 1994 Hunderttausende Menschen in Ruanda ermordet wurden. Dieses Jahr liegt der Fokus auf der ambivalenten Rolle der Kirchen und der Religionsgemeinschaften vor Ort. Gotteshäuser dienten vereinzelt als Zufluchtsorte, häufig aber wurden sie als Stätten des Massakers missbraucht. Heute sind die Schädelstätten vielfach Gedenkorte.

"Wir möchten Ihnen mitteilen, dass wir morgen mit unseren Familien umgebracht werden", schrieben sieben evangelikale Tutsi-Pfarrer ihrem "geliebten Führer", Pastor Elizaphan Ntakirutimana. Am nächsten Tag führte der "geliebte Führer" die Mordgesellen persönlich an. "Tötet! Tötet! Tötet!" schrien die Präfekten, Unterpräfekten und Bürgermeister, die Dorfältesten und Schlagersänger, die Professoren, Parteifunktionäre und katholischen Priester. Wie konnte das christlich geprägte "Bayern Afrikas" in einem Völkermord versinken? Wie konnten sich zahllose Christen dazu entscheiden, Böses zu tun, etwa die beiden Benediktinernonnen, die in Belgien wegen ihrer Beteiligung an Massakern im Kloster von Sovu zu langjährigen Haftstrafen verurteilt wurden? Wie konnten Pfarrer ihre Glaubensbrüder umbringen? Wie konnten Marienerscheinungen als himmlische "Billigung" des Mordens gedeutet werden? Welche Märtyrer standen auf, um der afrikanischen "Endlösung" Einhalt zu gebieten? Welche "stillen Helfer" setzten ihr eigenes Leben aufs Spiel? Wie reagierten die Kirchenhierarchien?

Diesen schwerwiegenden Fragen wird sich die Veranstaltung stellen, mit einleitenden Impulsreferaten, einer Podiumsdiskussion und einer Diskussion mit dem Plenum. Auf dem Podium werden vier interessante und fachkundige Gäste sitzen, Exzellenz Christine Nkulikiyinka, Botschafterin der Republik Ruanda, Dr. Dr. h.c. Heino Falcke, Probst i.R., Journalistin und Ruanda-Expertin Andrea Jeska und Edward Kaweesi als Doktorand der Willy Brandt School of Public Policy. Moderieren werden Dr. Martin Borowsky und Rüdiger Bender. Die Veranstaltung findet in Kooperation mit der Deutsch-Israelischen Gesellschaft AG Erfurt, der Botschaft der Republik Ruanda, der Willy Brandt School of Public Policy, der Universität Erfurt, dem Förderkreis Erinnerungsort Topf & Söhne e.V. und der Evangelischen Erwachsenenbildung Thüringen statt.

Die Veranstaltung ist Teil des Begleitprogramms zur aktuellen Sonderausstellung "Entkommen?" im Erinnerungsort Topf & Söhne, die von den Deportationen der deutschen Juden in Berlin und Thüringen, dem Überleben im Versteck und dem Rettungswiderstand nichtjüdischer Deutscher berichtet.

Podiumsdiskussion

Kirchen als Zufluchtsorte?
Ruanda: Der Völkermord und die Rolle der Kirchen

Montag, 27. Mai, 19 Uhr, Erinnerungsort Topf & Söhne, Sorbenweg 7

Der Eintritt ist frei. Spenden sind willkommen.