Ein „Missale vulgare“ aus dem Jahre 1404 wird im Stadtmuseum gezeigt.

02.03.2015 12:46

Ab Dienstag, dem 3. März 2015, präsentiert das Stadtmuseum Erfurt im "Haus zum Stockfisch", Johannesstraße 169, eine theologische Handschrift der berühmten Handschriftensammlung Amploniana. Das Blatt 141r zeigt eine mit roter Auszeichnungstinte gemalte und gestaltete S-Initiale.

Amploniana zählt zu den größten Handschriftensammlungen weltweit

Foto: Deutsches Plenar mit Messformularen, Papierhandschrift, Deutschland: Großneuhausen (bei Sömmerda/Thüringen); datiert 1404; alte Signatur des Collegium Amplonianum fehlt; wahrscheinlich aus dem Besitz des Amplonius; Aufgeschlagen: Blatt 140v/141r Maße (in mm): 306 x 222 x 92 [Handschrift] Foto: © UB Erfurt, Dep. Erf. CA. 2° 148

"Die Bibliotheca Amploniana ist die größte noch weitgehend geschlossen erhaltene Handschriftensammlung eines spätmittelalterlichen Gelehrten weltweit und zugleich eine der bedeutendsten Sammlungen mittelalterlicher Handschriften in Deutschland." (Quelle: Universität Erfurt, Bibliotheca Amploniana)

Die Handschrift, die sich derzeit als Leihgabe im Erfurter Stadtmuseum befindet, ist ein liturgisches Buch in deutscher Sprache.

Obgleich sich in der Amploniana hauptsächlich Texte in der Wissenschaftssprache des Mittelalters, in Latein, befinden, ist die mit 265 Blättern ausgestellte Handschrift das wohl umfangreichste deutschsprachige Werk in dieser Sammlung.

Der Schreiber selbst nennt das Buch „Missale vulgare“, also „Messbuch in der gewöhnlichen (der Volks-) Sprache“. Wenn man den Inhalt genauer betrachtet, so ist die Bezeichnung „Messbuch“ nicht ganz korrekt.

Das Buch ist in mehrere Teile gegliedert. Auf ein Register folgen ein deutschsprachiges Gloria (Wiederkehrende Ehrerbietung, auch Ordinarium, der Heiligen Messe) und ein deutschsprachiges Credo (lateinisch "Ich glaube").

Die weiteren Texte des „Ordo Missae“ fehlen jedoch. Im Hauptteil der Handschrift finden sich die Episteln und Evangelien des Temporale (die großen Festkreise des Kirchenjahres mit Weihnachten, Ostern, Pfingsten etc.), des Sanctorale (Fest- und Gedenktage der Heiligen) und des Commune Sanctorum (allgemeine Texte für Feste und Gedenktage ohne spezifische Texte). Ein deutscher und ein lateinischer Nachtrag beschließen das Buch.

Zusätzlich zu den Episteln und Evangelien finden sich in jeder Abteilung auch Messformulare. Es handelt sich wahrscheinlich um eine Gebrauchshandschrift für Kleriker und nicht um ein Volksmessbuch zum Mitlesen während des Gottesdienstes. Obwohl der Band im eigenhändigen Katalog des Amplonius fehlt, spricht einiges dafür, dass er doch von ihm erworben wurde.

Präsentiert wird bis einschließlich 12. April 2015 das Blatt 141r mit dem Introitus (in der Liturgie der Einzug) zum Pfingstfest (Spiritus Domini replevit orbem terrarum – der Geist des Herrn erfüllt den Erdkreis). Die mit roter Auszeichnungstinte gemalte S-Initiale ist mit einfachem Knospen-Fleuronné gestaltet und läuft in einer Ranke mit weiteren einfachen Knospen aus.

Eine Kooperation zwischen dem Stadtmuseum Erfurt und der Erfurter Universitäts- und Forschungsbibliothek ermöglicht es, vier Mal im Jahr ein Exemplar der berühmten mittelalterlichen Handschriftensammlung im Stadtmuseum Erfurt zu zeigen.

Die Handschrift „Missale vulgare“ wird in der Ausstellung "Rebellion, Reformation, Revolution", präsentiert.

Stadtmuseum Erfurt
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 10:00 – 18:00 Uhr