Cranach des Monats – Juni: Christus als guter Hirte

01.06.2015 09:45

Im Juni 2015 widmet sich die Städtekooperation „Wege zu Cranach“ in ihrer Online-Rubrik „Cranach des Monats“ dem Werk „Christus als guter Hirte“. Karsten Horn, Kurator der Sammlung mittelalterliche Kunst im Angermuseum Erfurt, dem Kunstmuseum der Landeshauptstadt, gibt einen Einblick aus kunstwissenschaftlicher Sicht.

Das Lamm als Christussymbol in den Schriften der Väter

Foto: Lucas Cranach d. J.: Christus als guter Hirte, um 1540. Mischtechnik auf Holz (Rotbuche ?), 20,5 x 14,5 cm, bez. oben rechts, hinter dem Lamm, nach links ausgerichtetes Schlangensignet mit liegendem Flügel Foto: © Kunstmuseen der Landeshauptstadt Erfurt, Angermuseum, Inventar-Nr. 4411

Kaum ein Bild hat die Menschen seit alters her so angesprochen, wie das vom Guten Hirten, gehört doch das Hüten einer Herde zu den ältesten Tätigkeiten. „Guter Hirte“ im übertragenen Sinne wurde früh auch ehrenvoller Beiname von Herrschern und Königen.

"Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen"

Mit dem Beginn der christlichen Kunst wird das antike Motiv des jungen Hirten mit dem Schaf auf den Schultern zum Bildnis Christi des Erlösers. Sowohl die Überlieferung des Alten Testaments (z. B. Psalm 23: „Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen“) als auch auf das Gleichnis vom verlorenen Schaf bei den Evangelisten Lukas (Lk 15, 1-7) und Matthäus (Mt 18, 12-14) und der im Evangelium des Johannes enthaltenen Hirtenrede (Joh. 10 – „Ich bin der gute Hirte“) bilden dessen Grundlage.

Cranach vermittelt bildhaft die Lehren Luthers

Im Zusammenhang mit der bildhaften Vermittlung der Lehren Luthers beschäftigte sich Cranach mit seiner Werkstatt nicht nur damit, neue Bildmotive zu finden, wie die Darstellung „Christus und die Kindlein“ („Cranach des Monats“ Februar 2014), sondern auch traditionelle Motive neu zu deuten. Die Rückführung des verirrten Schafes zur Herde schien dafür besonders geeignet.

Das kleine Erfurter Bild konzentriert sich auf das Wesentliche: Vor dunklem Hintergrund ist Christus in Halbfigur gegeben. Sein Haupt ist zur Seite geneigt, man vermag ihm die Erschöpfung der Suche anzusehen nach dem Lamm, das sich auf seinen Schultern an ihn schmiegt. Mit beiden Händen hält Christus das Lamm fest.

Der Bildausschnitt und die fehlenden Malkanten legen nahe, die Beschneidung eines ursprünglich größeren Bildes, etwa einer ganzfigürlichen Darstellung, anzunehmen.

Zunächst im evangelischen Waisenhaus, später im Angermuseum

Das Bild wurde 1750 für das Kunst- und Naturalienkabinett am evangelischen Waisenhaus in Erfurt, der seit 1735 bestehenden ältesten musealen Sammlung der Stadt, angekauft. Mit der Übertragung der durch einen Brand 1872 schwer geschädigten Waisenhaussammlung befindet es sich seit 1903 im Besitz des Angermuseums Erfurt.