Neue Informationstafel zum historischen Friedhof in Bischleben-Stedten
Zum Denkmaltag am Sonntag wird auch eine Steinbank eingeweiht
Das Vermächtnis der im vergangenen Jahr verstorbenen Nachfahrin des erst 1949 verschwundenen Stedtener Schlosses hat es ermöglicht: Mechthild Gräfin v. Keller war es eine Herzensangelegenheit, den denkmalgeschützten historischen Friedhof ihrer Familie nicht in einen Dornröschenschlaf versinken zu lassen. „Schließlich atme hier thüringische und deutsche Geschichte“, hatte die stets ohne Standesdünkel auftretende gelernte Kinderschwester und Erzieherin betont. Mit den anlässlich ihres Todes gesammelten Spenden ist nun eine Informationstafel entstanden, um die Geschichte dieses Friedhofes in Verbindung mit der Elisabeth Kirche sowie mit dem Schloss und dem Rittergut von damals spannend und mit eindrucksvollen Abbildungen lebendig zu halten.
Die auf der Tafel vorgestellten Protagonisten sind der Erbauer des Stedtener Schlosses und der Barock-Rokokokirche, Christoph Dietrich, dessen Sohn Dorotheus, der sich als Gesandter Friedrichs des Großen nicht immer diplomatisch freundlich mit der Zarin Katharina auseinandersetzte. Dann Julie, die Schwester von Dorotheus, die zusammen mit Wieland und Goethe auf Schloss Stedten dichtete, wo Goethe wohl erstmals aus seinem Urfaust zitierte. Eine wichtige thüringische Rolle spielte Gustav, der Gründer der Thüringischen Eisenbahn, die von Halle über Erfurt nach Gerstungen fuhr, und zuvor – was nur wenigen bekannt ist – der junge Student Ernst Eduard Carl Casimir, der die von Jenaer Töchtern gestickte goldumsäumte rotschwarzrote Fahne der Jenaer Burschenschaft 1817 auf dem Wartburgfest vorantrug. Wegen seiner nicht standesgemäßen Haltung und Gesinnung wurde „Casimir“ im Kellerschen Familienbuch nur mit seinem Geburts- und Sterbedatum erwähnt und etliche Jahre aus Schloss Stedten verbannt.
Geschichtsbeladen und authentisch ist auch die Bank, die zum Verweilen vor der aus Aluminium gefertigten Tafel einlädt: Sie wurde aus wiederentdeckten Steinen der Wasserburg geformt, die 1737 dem Schloss Stedten weichen musste – sicherlich, weil sie dem Prestigedenken in dieser Epoche nicht Genüge tat.
Informationstafel und Bank entstanden in echter Erfurter Teamarbeit: Schirmherrin Marion Walsmann (MdL) fungierte als Verbindungsstelle zwischen allen Firmen und Beteiligten. An der textlichen Gestaltung beteiligte sich Peter Graf v. Keller, der Neffe der Verstorbenen, ebenso wie Thomas Werneburg, Hobbyforscher und Experte im Amt für Landentwicklung und Flurneuordnung Gotha, der zudem wertvolle Informationen sowie technische Ideen und Details lieferte. Harald Hübner, Regional- und Ortshistoriker, rettete und bewahrte lange Zeit die Steine aus der Wasserburg für den Bau der Bank und half mit seinem Fundus aus dem Ortsmuseum im Bürgerhaus Möbisburg auch für die Darstellung von Text und Inhalt. Uta Pappe von der Unteren Denkmalbehörde und des Bauamtes leistete wichtige Koordinationsarbeit, inklusive bei der konzeptionellen Gestaltung der Informationstafel durch das Atelier Papenfuss. Last not least sorgte Nicole Gehret, Vorsitzende des Bürger- und Traditionsverein Bischleben-Stedten e.V., für die sachgemäße Verwaltung und Bereitstellung der gespendeten Gelder. Die verstorbene Mechthild Gräfin von Keller hatte sich im Hinblick auf die Spendensammlung nach ihrem Ableben ausdrücklich für den Bürger- und Traditionsverein entschieden, um auch vom fernen Hamburg aus ihre Nähe zu den Menschen vor Ort zu unterstreichen.
Beispielhaft ist auch das großzügige Verhalten der beteiligten ortsansässigen Firmen. Wie sehr sie sich mit dem heimischen Geschehen identifizieren, zeigen die Metallbau Möller GmbH & Co. KG mit ihren Geschäftsführern Oliver und René Möller sowie der Bau- und Reparaturbetrieb von Reinhard Weber: Sie verzichteten ganz oder teilweise auf die Entlohnung für Material und Arbeitsleistung bei der Herstellung der Infotafel und der Bank.
Am kommenden Sonntag werden die Tafel und die Bank im Rahmen des Europäischen Tages des offenen Denkmals feierlich übergeben. Die Veranstaltung beginnt um 10.00 Uhr mit einem Gottesdienst in der Kirche St. Elisabeth zu Stedten. Nach dem Gottesdienst werden die Tafel und die Bank eingeweiht. Im Anschluss gibt es die Möglichkeit, sich auf dem historischen Friedhof in Stedten zum Andenken, zur Begegnung, zum Gespräch, zum Erleben des denkmalgeschützten historischen Friedhofs und zum Wahrnehmen des Wirkens der Familie von Keller in Stedten zu treffen. Die Ausstellung zur Geschichte von Schloss Stedten wird von 14:00 – 16:00 Uhr im Bürgerhaus von Möbisburg geöffnet sein.