2020 wird auf dem Erfurter Petersberg ein „Paradiesbaum“ errichtet
Kunstprojekt steht für Hoffnung und Frieden
Als Idee wurde das Kunstwerk von der Berliner Kulturwissenschaftlerin Dr. Alexandra Nocke nach Erfurt gebracht. Die Achava Festspiele Thüringen, der Erfurter Tourismus Verein, die Sparkasse Mittelthüringen sowie die Stadt Erfurt unterstützen das Projekt. Wahrscheinlich im kommenden Jahr soll der „Paradiesbaum“ auf dem Aussichtsplateau vor dem Restaurant „Glashütte“ errichtet werden. Ziel ist, dass er künftig weithin zu sehen sein wird – nicht nur auf dem Petersberg-Plateau, sondern auch vom Domplatz aus.
„Das Paradies finden alle toll!“
Der Baum sei ein „Ort der Hoffnung und des Friedens“, sagte Ideengeberin Nocke bei der offiziellen Vorstellung des Projektes am Vormittag. „Auf dem Petersberg, der Jahrhunderte für Macht und Gewaltausübung stand, steht der Paradiesbaum für etwas Verbindendes, für einen Ort ohne Konflikte“, fügte Karl-Heinz Kindervater vom Tourismusverein an. „Egal, was man glaubt, das Paradies finden alle toll!“ Martin Kranz von Achava erläuterte die historische Verbindung des Baumes zur nahen Peterskirche. „Die aktuellen Ausgrabungen hier oben haben gezeigt, dass die Gläubigen früher durch das Paradies in die Kirche gingen“, so Kranz. Diesen „Sehnsuchtsgedanken“ wolle man durch das Kunstwerk zu den heutigen Menschen bringen. Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein lobte das Kunstwerk wegen seiner „israelischen Komponente“. „Es ist ein tolles Projekt, bei dem eine israelische Jüdin und ein israelischer Araber friedvoll zusammenarbeiten“, sagte er.
Thüringer sollen Baum „wachsen lassen“
Der „Paradiesbaum“ steht auch für Bürgerbeteiligung. „Durch den Verkauf der Blätter an verschiedenen Orten, wie bei der Sparkasse, können die Thüringer den Baum wachsen lassen“, erklärte Martin Kranz. Für 20 Euro gibt es ein Blätterpaar aus Kupfer in einem nummerierten Umschlag inklusive eines Kunstdrucks von Ruth Horam. Zehntausende Blätter sollen thüringenweit verkauft werden. Bisher gingen den Organisatoren zufolge fast 1.000 über die Ladentheken. Von den Einnahmen wird das Projekt finanziert. „Ein Teil des Erlöses wollen wir in ein lokales Waldprojekt stecken, ein Aufforstung beispielsweise. Wir laden die Erfurter ein, Blätter zu kaufen und diese zu Nihat zu tragen“, sagte Alexandra Nocke. 2020 werde der Künstler etwa zehn Tage in Erfurt sein, um den Baum auf dem Petersberg vor den Augen der Öffentlichkeit zu errichten. „Die Blattspender können dann mit dem Künstler ins Gespräch kommen und ihm über die Schulter schauen“, ergänzte Martin Kranz. Wie Erfurts Gartenamtsleiter Dr. Sascha Döll sagte, wird es am Kunstwerk auch Sitzmöglichkeiten geben, um dort auch länger zu verweilen.
Jüdisch-arabisches Gemeinschaftswerk
Bei seiner Israel-Reise hatte Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein Anfang Dezember das Vorbild des „Paradiesbaumes“ besucht. Die Nachbildung eines Olivenbaumes ist fünf Meter hoch und besteht aus einem Stamm aus Stahl und rund 15.000 Blättern aus Kupfer. Das Kunstwerk steht auf einer Verkehrsinsel im Kreisverkehr des Botschaftsviertels in Jerusalem.
Die bekannte jüdische Künstlerin Ruth Horam und der arabische Künstler Nihat Dabeet haben den Baum 2016 geschaffen – als Zeichen für die Verständigung zwischen den israelischen Völkern, für Frieden und Koexistenz. „Der Kontakt zwischen Menschen, ob nun Deutschen, Arabern oder Juden ist die Basis für das freundschaftliche Verstehen. Wenn alle gut miteinander umgehen, gibt es keine Probleme in der Welt“, sagte Ruth Horam.
Oberbürgermeister Bausewein, der Horam zu ihrem 89. Geburtstag in ihrer Jerusalemer Wohnung besuchte, zeigte sich beeindruckt von den beiden Künstlern und ihrem Projekt. „Was Ruth und Nihat geschaffen haben, sieht aus der Ferne aus wie ein Olivenbaum. Diese Natürlichkeit ist toll. Aus der Nähe betrachtet, ist es ein beeindruckendes Kunstwerk mit hoher Symbolkraft“, meinte er.
Erfurter Baum wird Nummer drei
Neben dem Olivenbaum in Jerusalem steht ein weiteres Kunstwerk in Israel. Der Erfurter „Paradiesbaum“ wird der dritte Baum weltweit. Mit rund sieben Metern Höhe und geplanten 40.000 bis 50.000 Blättern wird er der Größte werden. Nihat Dabeet braucht geschätzt ein dreiviertel Jahr, um das Kunstwerk in Israel zu errichten, den zersägten Baum anschließend nach Deutschland zu transportieren und ihn auf dem Erfurter Petersberg zu errichten. Es ist eine künstlerische Fleißarbeit: So werden die Kupferblätter von Hand geschnitten, geformt und gelötet. „Für dieses Projekt benötige ich Arbeiter. Allein schaffen es meine Frau und ich nicht, 50.000 Blätter zu fertigen. Dafür reicht die Zeit einfach nicht“, sagte Dabeet.
Wenn alles klappt, dann werden die beiden Künstler im nächsten Jahr Erfurt besuchen. Die Einladung der Erfurter Stadtverwaltung haben sie bereits erhalten. Dann wird Ruth Horam beim „Startschuss“ für den Aufbau des „Paradiesbaums“ dabei sein. Schwere Arbeit kann die alte Dame nicht mehr verrichten. Nihat Dabeet, der 37 Jahre jünger ist, wird das Werk in geschätzten zehn Tagen allein vollenden. Er wird den Stahlstamm montieren und anschließend von Hand die Kupferblätter an die Äste löten.