Freilebende Tauben verhungern nicht

02.04.2020 12:39

Tierschützer in ganz Deutschland – auch in Erfurt – sehen durch die Coronavirus-Pandemie die Stadttauben in Gefahr. In den verwaisten Innenstädten versiegt nach Auffassung vieler besorgter Menschen für die Vögel eine wichtige Nahrungsquelle: von Menschen weggeworfene Essensreste.

Manche meinen, eine Aussetzung des Erfurter Fütterungsverbots könnte hier helfen. Auch die Tierrechtsorganisation Peta hat bei der Stadt in diesem Sinne nachgefragt. Aus Sicht der Stadtverwaltung ist es jedoch zwingend notwendig, das Fütterungsverbot beizubehalten.

Bei den Stadttauben in Erfurt handelt es sich rechtlich um herrenlose Tiere. Dadurch entsteht für niemanden eine persönliche Sorge- und Versorgungsverpflichtung. Dies gilt insbesondere für die Stadtverwaltung, die sich weder aus Tierschutz- noch aus sonstigen Gründen verpflichtet sieht, freilebende Tauben mit Nahrung zu versorgen.

Das Verbot der Taubenfütterung dient grundsätzlich dem Zweck, die Tauben­population zu reduzieren. Diese Reduzierung soll einerseits Schäden an Gebäuden und anderen Wirtschaftsgütern verhindern, andererseits erfüllt sie hygienische Zwecke. Der Verbreitung von Krankheits­erregern von Taube zu Mensch und auch innerhalb der Taubenpopulation sollte vorgebeugt werden.

Durch das Taubenfütterungsverbot in der Stadtordnung wird die aktive Fütterung zwar unterbunden – die passive Fütterung durch unachtsamen Umgang mit Abfällen führt allerdings dazu, dass sich weiter eine große Population im Stadt­gebiet hält. Diese muss sich von diesem nicht artgerechten „Futter“ ernähren, was sich wiederum negativ auf die allgemeine Gesundheit der Stadttauben auswirkt.

Der Wegfall der passiven Fütterung ist daher zu begrüßen. Tierschutzrecht steht dem nicht entgegen. Das Verbot der Taubenfütterung wurde bereits mehrfach, auch unter Tierschutzaspekten, gerichtlich geprüft und als verhältnismäßig bestätigt.

Darüber hinaus deckt sich die Besorgnis des massenhaften Taubensterbens nicht mit der Realität. Die Mitarbeiter der Stadtwerke, die für das Einsammeln toter Tiere verantwortlich sind, haben im Monat März drei tote Tauben eingesammelt. Es gilt inzwischen als fachlich gesichert, dass Tauben in benachbarte, ländliche Areale zur Nahrungssuche ausweichen können und dies auch tun.

Eine Ergänzung zum Fütterungsverbot stellt lediglich das Konzept von Tauben in Taubenhäusern dar. Hier werden Tauben kontrolliert gefüttert und ihnen Gelegenheit zum Brüten gegeben. Die Eier werden gegen Attrappen ausgetauscht, um den Bestand zu kontrollieren. Dieses Konzept ist allerdings in Erfurt momentan nicht etabliert.

Eine Fütterung der Erfurter Stadttaubenpopulation und / oder eine Aufhebung des Fütterungsverbotes muss daher zum gegenwärtigen Zeitpunkt abgelehnt werden.