Gedenken an die Zerstörung der Barfüßerkirche vor 76 Jahren
Am 27. November 1944 ertönt wieder Fliegeralarm in Erfurt. In der Nacht zuvor hatte es bereits die Schlösserbrücke getroffen und das Kaufhaus Reibstein, an dessen Stelle sich heute Breuninger befindet, stand in Flammen. Die Menschen eilen erneut in die Luftschutzkeller.
Nur der Mond beleuchtet die Szenerie der gewundenen Gassen in der Innenstadt mit ihren kleinen rötlichen Dächern, dem glitzernden Flusslauf der Gera und dem langgestreckten, riesigen Dach der Barfüßerkirche. Es herrscht eine gute Sicht für die drei Moskito-Bomber, welche sich Erfurt nähern. In Sekunden verwandelt sich der Gewölbehimmel des Langhauses der Barfüßerkirche in einen strukturlosen Trümmerberg. Von den umliegenden Wohnhäusern bleibt nur Schutt übrig, durch den sich die entsetzten Menschen aus ihren Kellern ins Freie arbeiten. Das Ausmaß der gesamten Zerstörung offenbart sich erst am nächsten Morgen.
Aber warum traf es die Barfüßerkirche? Vor einigen Jahren schilderte ein alter Herr, wie er als Halbwüchsiger im Frühherbst 1944 den zackigen Stechschritt frisch geweihter Rekruten beim Auszug aus der Barfüßerkirche vor ihrem Fronteinsatz bestaunt hatte. Seit 1850 war die größte Erfurter Gemeindekirche die Garnisonskirche der Stadt. Die Gemeinde hatte sich seinerzeit vehement, aber erfolglos gegen den Einzug des Militärs in ihre Kirche gewehrt. Sie erinnerte sich wohl noch des Friedensgrußes der Kirchengründer, an das „pace e bene“ („Frieden und Gutes“) des Heiligen Franziskus. Der Gedanke der Friedfertigkeit aber war hundert Jahre später in der nationalsozialistischen Ideologie getilgt worden.