Probleme bei Schulsanierung in Erfurt

04.06.2021 11:00

Rund 370 Millionen Euro fehlen derzeitig für die Schulsanierung in Erfurt. In dieser Summe ist die Schaffung von Neu- und Erweiterungsbauten sowie von Ausweichstandorten noch nicht enthalten.

Zum neuen Schuljahr ersetzen Container fehlende Klassenräume

Diese Investitionen kommen in einem weiteren dreistelligen Millionenbereich noch oben drauf. „Viele unserer bestehenden Objekte laufen seit Jahren auf Sparflamme. Das geht zu Lasten von Kindern und Eltern, ein Zustand, der uns mehr als leidtut“, sagte der Baubeigeordnete Matthias Bärwolff. So müssten regelmäßig dringende Generalsanierungen wegen fehlender finanzieller Mittel verschoben werden. Auch der anhaltende Fachkräftemangel in der Stadtverwaltung sei ein wichtiger Grund für den Zeitverzug. Vor allem Bauingenieure, Architekten und Haustechniker fehlten, um Projekte zu planen und voran zu treiben, Bärwolff. Ebenso machten die sprunghaft gestiegenen Rohstoffpreise (Holz, Stahl und Kunststoffprodukte) das Arbeiten nicht einfacher. „Wir kämpfen hier zum Teil mit Preissteigerungen von bis zu 300 Prozent. Eine wirtschaftliche Ausschreibung ist da kaum noch möglich“, klagt der Baubeigeordnete.

Haushalt sieht 32 Millionen Euro für Sanierungen vor

Im aktuellen Entwurf des Haushaltsplans der Stadt Erfurt stehen 2021 32 Millionen Euro für investive Maßnahmen an Schulen zur Verfügung. Bis 2024 sind bisher zirka 40,5 Millionen pro Jahr eingeplant. Voraussichtlich in der Stadtratssitzung im Juli soll der diesjährige Haushalt beschlossen werden. Bis dieser dann vom Landesverwaltungsamt genehmigt wird, vergehen weitere Wochen, die dringend gebraucht werden, um Planungen und Ausschreibungen für Baumaßnahmen fristgerecht durchzuführen. Ebenfalls soll in der Stadtratssitzung das Schulsanierungsprogramm beschlossen werden. In diesem wird der Fahrplan für die kommenden Jahre festgeschrieben. Welches Objekt wird wann saniert? Welche Ausweichobjekte müssen zur Verfügung stehen? Es geht um Planungssicherheit für Eltern, Lehrer und Schüler und für das für Sanierungen zuständige Amt für Gebäudemanagement.

In Hochheim werden Container errichtet

Die gute Nachricht ist: Mit großer Voraussicht nach werden zum Schuljahresbeginn genug Räume für alle Schülerinnen und Schüler der Primar- und Sekundarstufe bereitstehen. Um das zu schaffen, müssen Lernende und Lehrende in Hochheim und im Erfurter Norden allerdings vorübergehend mit einigen Einschränkungen leben. In der Gemeinschaftsschule 6 „Steigerblick“ in Erfurt-Hochheim werden vier Unterrichtsräume in Containern entstehen. Erst nächstes Jahr wird der Erweiterungsbau fertig. Außerdem müssen sich die Gemeinschaftsschule „Otto Lilienthal“ und die Regelschule „Otto Lilienthal“ am Berliner Platz Unterrichtsräume teilen. Gleichzeitig wird die Ausschreibung für eine Erweiterung mit neun Unterrichtsräumen fürs kommende Schuljahr auf den Weg gebracht. Für das Schuljahr 2021/22 war es nicht möglich, weil eine freihändige Vergabe an Baufirmen mangels Angeboten gescheitert war.

Erweiterungsbauten im Zeitplan

Zweite gute Nachricht: Die Erweiterungsbauten in Hochheim und Kerspleben liegen im Zeitplan. Laut Plan werden sie zum Schuljahresbeginn 2022/23 fertig. Weitere Ausbauschritte stehen in Hochheim allerdings unter „Haushaltsvorbehalt“, sind somit nicht im Haushaltsentwurf für die Folgejahre enthalten. Dazu zählen der Umbau der Grundschule zum Speiseraum, ein zweiter Erweiterungsbau sowie eine neue Schulsporthalle. Ob diese Vorhaben umgesetzt werden, ist fraglich.

Vieselbach – erst Container, dann Neubau

Für die Grundschule in Vieselbach scheint hingegen eine Lösung in Sicht. Spätestens Anfang Juli werden die notwendigen Container aufgestellt, damit die Schule aus ihrem bisherigen Schulgebäude ausziehen kann. Dieses wird im Anschluss abgerissen und an gleicher Stelle ein Neues gebaut. Der angestrebte Baubeschluss über zirka sieben Millionen Euro ist derzeit in der Endabstimmung der Verwaltung. Zum Schuljahresbeginn 2023/2024 könnte der Neubau fertig sein.

Schulstandort am Drosselberg wird reaktiviert

Der Baubeschluss für die Wiederinbetriebnahme des Schulstandortes Albert-Einstein-Straße liegt schon vor. Das Amt für Gebäudemanagement wird hier in den kommenden zwei Jahren über 10 Millionen Euro investieren. Das Schulgebäude wird vollständig entkernt, neue Technik kommt hinein. Die benachbarte Schulsporthalle wird generalsaniert.

Weitere Generalsanierungen und Umzüge

Die Generalsanierungen der Grundschule Gispersleben und der Grundschule am Wiesenhügel liegen ebenfalls im Zeitplan. Beide Schulen sind derzeit in Ausweichobjekten untergebracht und können wieder an ihre Standorte zurückziehen, wenn die Bauarbeiten abgeschlossen sind.
Die Bauarbeiten zur Verlegung der Kfz-Halle an den Standort der Walter-Gropius-Schule (SBBS 7) in der Binderslebener Landstraße sind fast abgeschlossen, die Generalsanierung der Sebastian-Lucius-Schule (SBBS 6) am Leipziger Platz auch. Der Betrieb kann hier spätestens zum Schuljahresbeginn aufgenommen werden. Auch der Erweiterungsbau der Grundschule am Schwemmbach (GS 18) sowie die Sanierung der Sporthallen der Ulrich-von-Hutten Schule (RS 07) und der Grundschule Am Kleinen Herrenberg (GS 03) werden in nächster Zeit abgeschlossen.

Ausweichobjekte für Sanierungen gebraucht

Um die dargestellten Probleme des Schulsanierungsprogramms in den kommenden Jahren zu lösen, braucht die Stadt dringend Ausweichobjekte. Bis zu drei Jahre kann es dauern, eine Schule vollständig zu sanieren, so dass bei den vorhandenen Kapazitäten lediglich zwei bis drei Schulen gleichzeitig saniert werden können. Potentielle Standorte, wie z. B. die Mühlhäuser Straße (neuer geplanter Schulcampus) oder die August-Schleicher-Straße (Ausweichstandort), wurden geprüft, können aber nach heutigem Stand wegen einer streng geschützten Hamsterpopulation voraussichtlich nicht bebaut werden. Die Stadt Erfurt wird daher in den kommenden Monaten nach weiteren Alternativen suchen. Auch Projekte zusammen mit öffentlichen Partnern sind dabei nicht ausgeschlossen. Die Stadt Erfurt ist für fast alle Optionen offen, sofern sie wirtschaftlich vertretbar und in der notwendigen Zeit umsetzbar sind. Für den neuen Schulstandort Greifswalder Straße läuft ein Architektenwettbewerb. Die Finanzierung des Baus ist aber noch nicht geklärt.

Neue Stabsstelle geplant

Unterstützung soll bei allen anstehenden Maßnahmen auch eine neu einzurichtende Stabsstelle Schulbau geben. Diese wird nach derzeitiger Planung Matthias Bärwolff, dem Beigeordneten für Bau, Verkehr und Sport direkt, zugeordnet. Die Stabsstelle soll öffentliche Partner gewinnen (Wohnungsbaugenossenschaften, Sparkassen, etc.), die Arbeit der städtischen Ämter koordinieren und Förderpotentiale ausschöpfen.