Zum Tod des Erfurter Künstlers Erich Enge

15.01.2024 15:45

Mit Betroffenheit haben wir erfahren, dass der Maler und Grafiker Erich Enge im Alter von 91 Jahren am 21. Dezember 2023 in Erfurt verstorben ist. „Ein langes kreatives Leben hat sich finalisiert“, sagt Kulturdezernent Dr. Tobias J. Knoblich. „Erich Enge hat sich mit seinem bildnerischen Schaffen in die gesellschaftliche Debatte eingebracht, sowohl in der DDR als auch im vereinten Deutschland. Er war kein subversiver Künstler, aber seine künstlerischen Botschaften haben auch bleibenden Wert.“

Foto: Wandgemälde von Erich Enge im Rieth (Vilnius-Passage) Foto: © Stadtverwaltung Erfurt
Foto: Aus dem Nachlass Erich Enge im Stadtmuseum Erfurt Foto: © Stadtverwaltung Erfurt/Dirk Urban

Im sächsischen Rochlitz geboren, erhielt er seine künstlerische Ausbildung als gelernter Maurer an der Hochschule Burg Giebichenstein in Halle bei Willi Sitte und Kurt Bunge. Später war er an nationalen und internationalen Ausstellungen u. a. in Moskau, München, Ägypten, Bulgarien, Finnland und Polen beteiligt.

Seit 1971 ist ihm Erfurt zu einer zweiten Heimat geworden. In den Jahren 1977-78 schuf er für das Wohngebiet Rieth ein Wandbild von monumentalen Ausmaßen zu dem Thema "Die Idee wird zur materiellen Gewalt, wenn sie die Massen ergreift", das 1992 unter Denkmalschutz gestellt wurde. 1978 erhielt Erich Enge den Kulturpreis der Stadt Erfurt für sein Gemälde "Fanfarenzug des Schuhkombinats Paul Schäfer".

Vor dem Hintergrund dieser außergewöhnlichen Lebensleistung kam es 2015 zur Schenkung eines Teiles seines künstlerischen Werkes in den Bestand des Stadtmuseums Erfurt. Kern der Schenkung sind die Entwürfe zu seinem Wandbild in der Vilnius-Passage. Hier hat Erich Enge symbolisch den „Sieg der Liebe über die Finsternis“ beschworen. Als „kulturhistorisches Zeugnis jüngster Vergangenheit“ steht das Wandbild auf der Denkmalliste des Freistaats Thüringen. Mit sechs Metern Höhe und 102 Metern Länge gehört es zu den größten Wandbildern Europas. Seinen Kontext gewinnt es durch das umliegende Neubaugebiet der 1970er Jahre, mit dem in Erfurt das Wohnungsproblem im Sinne der vielbeschworenen „Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik“ in der Ära Honecker gelöst werden sollte.

Enges künstlerisches Schaffen, dessen Wesenskern in diesem Nachlass erhalten ist, illustriert das künstlerische Ringen und den Schaffensprozess um dieses Werk und führt zu einer neuen Qualität des Verständnisses der Funktionalität von Kunst in unserer Stadtgeschichte während der DDR.

Seine Produktivität als Maler dauert bis zu seinem Tod an. Mit gekonntem Pinselstrich widmete er sich unentwegt aktuellen Themen. So beispielsweise im Frühsommer 2013: Als sintflutartige Regenfälle Thüringer Flüsse über die Ufer treten ließen, beschloss er dieser Naturgewalt mit den Momenten der Verzweiflung und des Optimismus für einen Neuanfang in seinen Gemälden eine bleibende Erinnerung zu schaffen. Den Erlös aus der Veräußerung der Bilder stiftete Erich Enge den Opfern der Flutkatastrophe.

Die Stadt Erfurt wird Erich Enge als einen wichtigen und engagierten Künstler in Erinnerung behalten und sein Vermächtnis pflegen.