Eine Energiebrücke wird zum Kunstobjekt
Jeder kennt sie: oberirdische Fernwärmeleitungen. Sie versorgen die Erfurter Haushalte mit Energie. Dem einen sind sie egal, andere nehmen sie als störend wahr. Das Projekt „Erfurter Energie Brücken“ soll das nun ändern. Auftakt war in der letzten Woche die Jurysitzung eines Künstlerwettbewerbs der Stadtwerke.
Dana Kurz, Projektleiterin „Erfurter Energie Brücken“
Das ist heute ein erster Baustein dafür, dass die Rohre sich transformieren: von etwas Gewöhnlichem, Alltäglichem, hin zu etwas Besonderem, wo sich Kunst und Kreativität der Stadt niederschlagen können. Es gibt sehr viele Akteure, die Lust haben, sich an solchen Prozessen zu beteiligen. Dadurch können Orte entstehen, die das Negativ-Image, das die Fernwärmeleitungen teilweise haben, mit positiven Erlebnissen überschreiben – sodass nach und nach das Bild, das wir in der Stadt von diesen sehr wichtigen Energieversorgungsadern haben, vielleicht ein anderes ist.
Den Anfang des Projektes macht die Rohrbrücke in Gispersleben. Im Umfeld rollen bereits die Bagger. Im nächsten Jahr befindet sich hier eine grüne Oase mit neuen Spielplätzen. Mittendrin: Die Fernwärmeleitung und die Rohrbrücke über die Gera.
Künstler, Architekten, Städtebauer, Landschaftsarchitekten und Designer waren aufgerufen, sich mit ihren Entwürfen zu beteiligen. Das Stichwort „Beteiligung“ haben die Bewerber ernst genommen und auf ganz unterschiedliche Weise in ihre Projekte einfließen lassen.
Tely Büchner, Juryvorsitzende „Erfurter Energie Brücken“
Das geht damit los, dass eine Arbeit die Beteiligung als Art Überschrift sieht und sie zum Hauptthema der Arbeit macht, indem sie Schulen und Jugendeinrichtungen einbezieht. Ein bestimmtes Motiv, nämlich das der Blume, soll entwickelt und mit einem Auswahlverfahren umgesetzt werden. Das ist die Arbeit „Wild Flowers“, die durch die Jury den zweiten Platz bekommen hat.
Wir haben einen dritten Platz vergeben. Dieser Beitrag trägt den Arbeitstitel „Diagonale Spiegel und rotes Licht“. Auch eine sehr schöne Arbeit, die die Beteiligung oder Partizipation an einer anderen Stelle setzt, nämlich im Nachgang, indem Workshops und Veranstaltungen stattfinden und sie die Beziehung zwischen Kunst, Landschaft, Verspiegelung, Industrie und Physik herbeiführt. In der Arbeit selbst wird nicht die Form der Rohre, sondern der Brücke aufgenommen – einmal mit roten Leuchtstoffröhren, auf der anderen Seite mit Verspiegelungen. Diese sind so gekippt, dass man sich, wenn man als Radfahrer oder Fußgänger an der Gera unterwegs ist, darin spiegeln kann – eine sehr spannende Arbeit also.
Den ersten Preis haben wir heute als Jury an die Arbeit „Ein physikalisches Spielzeug“ vergeben. Auch hier ist spannend, dass die Beteiligung noch einmal ganz anders verstanden und aufgegriffen wurde, nämlich nicht im Entstehungsprozess, sondern im Nachgang. Es ist eine interaktive Arbeit. Man muss sich das Modell mit fünf oder sieben Kugeln, das wir kennen, vorstellen: Eine Kugel kann man anstoßen, die Energie wird übertragen und auf der anderen Seite wird die Kugel aus der Gruppe wieder entfernt. Das ist ein sehr schönes Symbol für die Energie.
Ob der Siegerentwurf umgesetzt werden kann, muss zunächst geprüft werden. Ab Herbst wird die Brücke saniert. Zum Buga-Start am 23. April 2021 soll auch das Kunstwerk fertig sein. Dann ist die Rohrbrücke kein Störfaktor mehr in der neu gestalteten Parklandschaft, sondern kreativer Höhepunkt direkt am Fluss.