Wie kann Sommerhitze erträglich werden?

15.07.2019 11:00

Satte 42,3 Grad Celsius zeigte die Station Krämpferstraße am 30. Juni als Jahresspitzenwert im mit Abstand wärmsten Juni seit Aufzeichnungsbeginn an. Im Vergleich zur Wetterstation am Flughafen werden dort durch die dichte innerstädtische Bebauung regelmäßig höhere Werte gemessen (Hitzeinseleffekt).

Über 200 Oststadt-Bewohner beteiligten sich am Forschungsprojekt der Erfurter Fachhochschule. Bereits im Juni waren die Rasenflächen im Quartier ausgeblichen

Vertrockneter Rasen
Foto: Bereits im Juni waren die Rasenflächen der Quartiersplätze in der Erfurter Oststadt ausgeblichen Foto: © Guido Spohr

Bereits im Juni waren die Rasenflächen der Quartiersplätze in der Erfurter Oststadt ausgeblichen, die Bäume ächzten unter der erneuten und extremen Trockenheit. Auf dem weitgehend sonnenüberfluteten Hanseplatz waren kaum Menschen zu sehen, auf den nicht beschatteten Bänken des Leipziger Platzes sonnten sich kurzzeitig Personen, bevor sie schnell schattige Wege entlang der Straßen aufsuchten. In den Gebäuden herrschten auch in den Nachtstunden trotz Durchlüftens und Wärmeschutz durch Rollladen oder Jalousien tropische Temperaturen an die 30 Grad Celsius. Dies galt sowohl für die gründerzeitlichen Gebäude als auch für die Zeilenbauten im Hanseviertel.

Diese Momentaufnahmen vor Ort bestätigten auch die Aktivitäten des Instituts für Stadtforschung, Planung und Kommunikation der Fachhochschule Erfurt in Kooperation mit der Stadtverwaltung im Rahmen des BMBF-Forschungsprojekts „HeatResilientCity – Hitzerobuste Stadt“. Über 200 Bewohnerinnen und Bewohner beantworteten im Hitzesommer 2018 Fragen zu den gesundheitlichen Auswirkungen von Hitze, den Aufenthaltsqualitäten der öffentlichen Plätze und der Innenhöfe, aber auch zur Behaglichkeit in den eigenen Wänden. Außerdem zeichneten sie auf sogenannten Mental Maps ihre „heißen“ und „kühlen“ Orte ein. Die Ergebnisse ließen aufhorchen, denn die Befragten bemängelten insbesondere die Aufenthaltsqualität auf den beiden Plätzen in Hitzezeiten.

Schatten spendendes Grün, Trinkwasserbrunnen usw. wurden als sinnvoll erachtet, um die Aufenthaltsqualität zu verbessern. Aber auch die Beschattung der drei EVAG-Straßenbahnhaltestellen in der Oststadt sowie die Verschattung der Wartebereiche von Ampeln wurden als Beispiele angemerkt, um die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum zu steigern.

Im Rahmen der Beteiligungsprozesse Anfang 2019 konkretisierten 80 Bewohnerinnen und Bewohner in drei Workshops die Maßnahmen. Interessant war, dass sich von Müttern mit kleinem Kind bis zu Senioren über 80 Jahren vielfältige Alters- und Bevölkerungsgruppen beteiligten.

Eine Masterarbeit der Fachhochschule Erfurt setzte gezielte Umsetzungsakzente für den Leipziger Platz. Eine weitere Arbeit zum Hanseplatz ist in der Durchführung. Im Juni 2019 wurden im Rahmen einer Ämterrunde die Ergebnisse zum Leipziger Platz präsentiert (Trinkwasserbrunnen, Pergolen, Neupflanzung von Bäumen und Stauden, verschattete Sitzbänke) und gehen nun in die Machbarkeitsprüfung. Erste Umsetzungskonzepte werden aktuell mit den Hauseigentümern des Modellgebäudes in der Rathenaustraße insbesondere zur effizienten Kühlung der Dachgeschossbereiche abgestimmt.

In Kürze erfolgen auch Gespräche mit der EVAG, um die Potenziale für „kühlere“ und verschattete Haltestellen auszuloten. Gleiches erfolgt bei der Partnerstadt im Projekt, der Landeshauptstadt Dresden und den dortigen Verkehrsbetrieben.

Damit wird erkennbar, dass die Vorschläge der Bewohnerinnen und Bewohner im Forschungsprojekt ernst genommen werden und in die Umsetzung gehen.