Einfach und so schwer zugänglich: Sprechen Sie darüber!

27.10.2020 16:24

Der 25. November gilt international als der Tag gegen Gewalt an Frauen. Seit 1981 organisieren Menschenrechtsorganisationen jährlich Veranstaltungen, um die Einhaltung der Menschenrechte gegenüber Frauen und Mädchen zu thematisieren. In diesem Jahr nutzt die Stadt Erfurt gemeinsam mit ihrem Netzwerk gegen häusliche Gewalt den Gedenktag schon vier Wochen früher für den Start einer ganz besonderen Kampagne. Unter dem Titel „Sprechen Sie darüber!“ soll sie Wege aus der häuslichen Gewalt in den Fokus rücken und dazu Mut machen, sie zu gehen.

Kampagne soll für das Tabuthema häusliche Gewalt sensibilisieren

Text: Sprechen Sie darüber!
Grafik: © Stadtverwaltung Erfurt

„Gewalt in den eigenen vier Wänden äußert sich in unterschiedlichen Formen und erstreckt sich über alle gesellschaftlichen Bereiche. Frauen sind am häufigsten betroffen, aber auch Männer, Jugendliche und Kinder sehen sich gewalttätigen Übergriffen ausgesetzt“, weiß Erfurts Sicherheitsbeigeordneter Andreas Horn.

Betroffene benötigen Schutz und professionelle Hilfe, das Erfurter Netzwerk gegen häusliche Gewalt hält zahlreiche Unterstützungsangebote bereit. „Doch diese müssen bekannt sein. Deshalb soll unsere Kampagne auf die Wege und Möglichkeiten hinweisen, wie und wo sich Menschen in Notsituationen Rat und Beistand holen können“, so Andreas Horn weiter.

„Sprechen Sie darüber“ bedeutet für die Organisatorinnen und Organisatoren der Kampagne aber noch mehr: „Wir müssen offen über das Thema sprechen, dass es aus dem Tabubereich herauskommt. Wir müssen Betroffenen die Angst nehmen, über ihr Leid zu sprechen. Und wir müssen uns gegenseitig dafür sensibilisieren, Anzeichen häuslicher Gewalt im persönlichen Umfeld oder auch in der Nachbarschaft zu erkennen“, umreißt Horn die Ziele.

Durch die Coronapandemie hat häusliche Gewalt mediale Aufmerksamkeit erfahren. Homeoffice, Schule und Kinderbetreuung zu Hause, mangelnde  Freizeitangebote könnten das Konfliktpotential in den Familien verstärken, waren die Annahmen. „In Erfurt haben wir keine erhöhte Beratungsnachfrage verzeichnen können“, weiß Erfurts Gleichstellungsbeauftragte Birgit Adamek, „wir waren natürlich in Bereitschaft, aber auch in Sorge, ob Betroffenen klar war, dass die Beratungseinrichtungen erreichbar sind.“

„Mit der zusätzlichen Anmietung einer Ferienwohnung wurde im Frühjahr auf die aktuelle Krisensituation reagiert, konnte ein separater Quarantänebereich vorgehalten werden, um auch Frauen mit Symptomen zu signalisieren: wir sind da!“

Und genau diese Botschaft soll die Aktion verstärken.

Die beiden Erfurter Frauenzentren, das Frauenhaus, die Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt, das Projekt Orange und die Gleichstellungsbeauftragte sind sichere Partnerinnen und Partner, die Wege aus der Gewalt aufzeigen können. „Gehen müssen Betroffene sie selbst, aber sie haben Begleitung und Unterstützung durch uns sicher“, ermuntert Adamek.

„Mit unserer Aktion möchten wir die vielen Aufmerksamen, Neugierigen und bisher Unentschlossenen erreichen und dafür gewinnen, sich uns anzuschließen. Je stärker unser Netzwerk ist, umso mehr können wir leisten – präventiv wie auch im Ernstfall“.

„Sprechen wir darüber!“ startet diesen Freitag, mit Plakaten, die im gesamten Stadtgebiet und den Ortsteilen sichtbar sind, und 25.000 Citycards in Gaststätten, Bars und Hotels. „Zudem ist unsere Aktion auch bei den Wohnungsbaugenossenschaften auf gute Resonanz gestoßen, sie werden über Plakataushänge auf das Thema aufmerksam machen“, ergänzt Birgit Adamek. Lehreinrichtungen und Arztpraxen wurden ebenso mit Informationsmaterial zur Kampagne bestückt wie städtische Ämter und Bibliotheken, Beratungsstellen in öffentlicher und freier Trägerschaft.

Adamek weiter: „Das konnte vor allem durch das Engagement der Stadtverwaltung, der Sparkasse Mittelthüringen und der Erfurter Stadtwerke GmbH gestemmt werden. Die beiden großen Unternehmen beteiligten sich finanziell mit 1.928 Euro, dafür möchte ich an dieser Stelle Danke sagen.“

Die Plakate in den Formaten DIN A1, A2, A3 und A4 sind auch für die Öffentlichkeit vorrätig. „Wer sich also aktiv beteiligen und am Weitertragen unserer Kampagne beteiligen möchte“, ist eingeladen, sich die Plakate bei uns abzuholen“, so Birgit Adamek weiter. Abholort ist ihr Büro am Benediktsplatz 1.

Um die Kampagne richtig ins Rollen zu bringen, gibt es im Aktionszeitraum vom 30. Oktober bis zum 25. November mehrere Veranstaltungen:

  • 30.10.2020 um 13:00 Uhr Rathaus, Fischmarkt 1 | Fahnenaktion „Frei leben ohne Gewalt“
  • 24.11.2020 um 17:00 Uhr Frauenzentrum Erfurt, Pergamentergasse 36 | Gesprächsrunde „Warum Gewalt immer Intervention braucht“
  • 24.11.2020 um 16:00 Uhr Bibliothek, Domplatz | Lesung und Gespräch „Und er wird es wieder tun!“
  • 25.11.2020 um 17:00 Uhr Rathaus, Fischmarkt 1 | Kerzenaktion/Orange Day „Ein Licht für jede Frau“